Schenk erhebt Vorwürfe gegen Badminton-Verband "Sollte Medaille gar nicht gewinnen"

London · Nach ihrem Achtelfinal-Aus bei den Olympischen Spielen erhebt Deutschlands beste Badmintonspielerin Juliane Schenk im Gespräch mit dem SID schwere Vorwürfe gegen ihren eigenen Verband.

Olympia 2012: Schenk scheidet aus
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"Der DBV hat nicht alles dafür getan, dass ich in London eine Medaille gewinnen kann. Mehr noch: Ich hatte das Gefühl, dass ich die Medaille gar nicht gewinnen sollte, weil ich dadurch zu viel Macht bekommen hätte", sagte Schenk.

Wirbel um Mentaltrainerin

Die Weltranglistensechste, die nach der Gruppenphase in zwei Sätzen an der Juniorenweltmeisterin Ratchanok Inthanon aus Thailand gescheitert war, stellt nach den Vorkommnissen in London sogar die weitere Zusammenarbeit mit dem Deutschen Badminton-Verband in Frage: "Ob es eine gemeinsame Zukunft gibt? Ich weiß es nicht. Ich stehe gerade am Scheideweg", sagte die 29-Jährige.

Für Aufsehen im deutschen Lager hatte ein Artikel im Tagesspiegel gesorgt, in dem über die Beziehung zwischen Schenk und ihrer Mentaltrainerin Gaby Frey berichtet wurde. Der Artikel bezog sich auf DBV-Sportdirektor Martin Kranitz und erweckte den Anschein, Schenk sei Frey hörig. "Das habe ich so nie gesagt", sagte Kranitz dem SID, der Eklat im deutschen Team war dennoch perfekt. "Egal, wer was gesagt hat: Tatsache ist, dass dem Bericht nicht widersprochen wurde", sagte Schenk.

Vor ihrem Achtelfinale hatte sie das Gespräch mit der Teamleitung gesucht. "Darin wurde mir keine Rückendeckung gegeben", berichtete die WM-Dritte: "Der richtige Weg wäre gewesen, sich sofort davon zu distanzieren. Da das nicht passiert ist, war ich in der Stimmung, sofort abzureisen."

Als Konsequenz verzichtete Schenk auf die Unterstützung ihrer Mentaltrainerin, mit der sie während der Olympischen Spiele in einem Privathaus gewohnt hatte. "Sie wollte mich schützen. Wir mussten etwas gegen den Vorwurf der Abhängigkeit tun", sagte Schenk. Unter diesen Voraussetzungen sei es für sie allerdings nicht mehr möglich gewesen, ihre beste Leistung abzurufen.

"Einiges schiefgelaufen"

Der Deutsche Badminton-Verband reagiert zurückhaltend auf die Vorwürfe. "Ich will in der Öffentlichkeit keine weitere schmutzige Wäsche waschen", sagte Kranitz, der allerdings zugab, dass in London zwischen dem Verband und seiner Spitzenspielerin "einiges schiefgelaufen" sei.

Bereits bei der WM im vergangenen Jahr, die ebenfalls in der Londoner Wembley Arena stattgefunden hatte, hatte es Dissonanzen zwischen Schenk und dem DBV gegeben. Die Sportsoldatin pocht auf die Unterstützung für Frey und hatte sich für die Spiele eine Akkreditierung für ihre Begleiterin gewünscht. "Das konnten wir nicht gewährleisten, wir hatten ja nur zwei Trainerstühle für unsere Athleten frei", sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Kerst dem SID.

"Die Herren können so oft erzählen wie sie wollen, dass sie mich bedingungslos unterstützen wollen, sie haben keine Taten folgen lassen", sagte Schenk: "Ich kann mich noch an eine Aussage unseres Vizepräsidenten vor den Olympischen Spielen erinnern. Er hat zu mir gesagt: Juliane, eine Medaille in London gibt es nicht um jeden Preis."

(sid)
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