Gegenpressing Medaillen bleiben die Währung im Spitzensport

Die Reform des Leistungssports in Deutschland wird zum Kahlschlag in der Sportlandschaft führen. Gefördert wird nur noch das Erfolgversprechende.

 RP-Sportchef Robert Peters.

RP-Sportchef Robert Peters.

Foto: Peters

Vor den Spielen von Rio de Janeiro sprach Alfons Hörmann ein großes Wort. Der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes pries einen "deutschen Weg", er redete von "Anstand" und von "Ehrlichkeit". Und er stellte sich öffentlichkeitswirksam gegen all die Trickser, Doper und Pfuscher, die längst verraten hatten, was mal der olympische Geist gewesen sein könnte.

Aber nach den Spielen zählte Deutschlands oberster Olympier wieder die Medaillen, wie das alle anderen auch tun. Und nun steht er hinter einer Reform des Leistungssports, die Sportförderung allein an der Aussicht auf Spitzenplätze bemessen will. Das beweist, wie ernstgemeint der Aufruf zum deutschen Weg in einer schlechten Welt war.

Immerhin ist das 38 Seiten starke Eckpunktepapier, das in der Woche in den Sportausschuss des Bundestags gelangte, kein Versuch, die Absicht zu verschleiern. Der deutsche Sport bekennt sich zum Leistungsgedanken. Ohne Wenn und Aber.

Er bekennt sich damit allerdings auch zu einem bewussten Kahlschlag in der Sportlandschaft. Weniger Erfolg verheißende Disziplinen werden künftig aus der Förderung genommen. Und die Entscheidung über förderungswürdige Sportarten obliegt einer Expertenkommission, die nach allen wissenschaftlichen Erkenntnissen Erfolgsaussichten bewerten soll - evaluieren nennen es die Autoren des Eckpunktepapiers feierlich.

Sie geben keine Antwort auf die Frage, wie deutsche Athleten Erfolge in einer Sportwelt feiern sollen, die sich so sehr dem Prinzip des Gewinnens verschrieben hat, dass ihr dabei alle Mittel recht sind. Es wäre ja absurd anzunehmen, dass in Russland, China oder Jamaika künftig weniger gedopt wird. Es wird wahrscheinlich auch weiterhin nur versucht, den Enthüllern einen Schritt voraus zu sein. Rückschläge wie die Enttarnung des russischen Staatsdopings gehören zu diesem Wettlauf zwischen Kriminellen und Ermittlern. Wie wenig mit einzelnen Entdeckungen ausgerichtet wird, zeigt die Weigerung des IOC, die Russen von den Spielen auszuschließen.

In dieser durch und durch verdorbenen Welt wollen die Deutschen künftig ganz vorn mitmischen. Und von einem eigenen Weg des Anstands und der Ehrlichkeit reden nun allenfalls noch ein paar Romantiker. Deren Anstand endet freilich alle zwei Jahre wieder, wenn bei Olympischen Spielen das Medaillenzählen beginnt. Den edlen Leitgedanken "Dabeisein ist alles" kennt dann keiner mehr. Und da sitzen wir schließlich alle im selben Boot.

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(RP)
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