Wegen rechtsradikaler Gesinnung Drygalla: Häufig Streit mit dem Freund

Rostock · Ruderin Nadja Drygalla hat neue Einblicke in ihr Privatleben gewährt und von Problemen mit ihrem Lebenspartner berichtet. Immer wieder habe es wegen dessen früherer rechtsradikaler Gesinnung Streit gegeben.

Olympia 2012: Drygallas erster Auftritt daheim
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"Ich habe ihm oft gesagt, dass ich seine politischen Vorstellungen ablehne", sagte Drygalla dem am Donnerstag erscheinenden Magazin stern. "Aber ich zeige nicht mit dem Finger auf ihn und sage: Das ist alles deine Schuld", betonte die Ruderin.

Die Rostockerin war nach ihrem Einsatz im deutschen Frauen-Achter vorzeitig von Olympia in London abgereist. Kurz zuvor hatte es ein Gespräch mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) gegeben, nachdem dieser über die politischen Aktivitäten ihres Umfeldes erfahren hatte. Trotz aller Probleme will die Rostockerin an der Beziehung festhalten. "Es ist meine Entscheidung, zu ihm zu stehen", sagte die 23-Jährige und meinte: "Wir haben besprochen, dass er aussteigt. Und das ist für mich ein Versprechen."

Nach NPD-Eintritt "keine glückliche Beziehung"

Wie Drygalla erklärte, sei die Beziehung zu ihrem Partner anfangs im Jahr 2007 glücklich gewesen. Erst als der sportliche Erfolg ausblieb - ihr Freund war auch Ruderer - sei es "losgegangen mit seinen politischen Ideen". Als er in die NPD eintrat, "hatten wir keine glückliche Beziehung mehr", berichtete Drygalla und meinte: "Er hat ja selbst gemerkt, dass unsere Leben in verschiedene Richtungen laufen und dass es am Ende nicht mehr zusammenpasst."

Der Lebenspartner gehörte bis zum Frühjahr der rechtsradikalen Szene in Rostock an. Im Vorjahr war er bei den Landtagswahlen als Direktkandidat der NPD angetreten. Mittlerweile ist er aus der Partei ausgetreten. Dennoch ermittelt die Staatsanwaltschaft offenbar gegen ihn wegen Landfriedensbruch. Angeblich soll er bei einer Gedenkveranstaltung für ein Opfer der NSU Polizisten angegriffen haben. Drygalla habe davon nichts gewusst.

Derzeit hofft Drygalla auf eine Aufnahme in die Sportförderung der Bundeswehr und erhält immer mehr Unterstützung. Nach Ruder-Verbandspräsident Siegfried Kaidel machte sich auch Präsident Wolfgang Remer vom Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern für eine Aufnahme der 23-Jährigen in das Sportförderprogramm der Bundeswehr stark.

"Man sollte ihr eine zweite Chance geben"

"Man sollte ihr eine zweite Chance geben. Von unserer Seite ist viel verkehrt gemacht worden. Auch vonseiten des DOSB und der Medien. Jetzt sollte sie sich in Ruhe auf die nächsten Europa- und Weltmeisterschaften und vielleicht auf die nächsten Olympischen Spiele vorbereiten können", sagte Remer dem ARD-Morgenmagazin.

Die Chancen für eine Rückkehr Drygallas in die Förderung stehen nicht schlecht. Bundesverteidigungsminister Thomas de Maiziere hatte bereits Verständnis für die Athletin geäußert. Seine Behörde führt derzeit Gespräche mit Drygallas Anwalt über eine Aufnahme. Die Rostockerin hatte auf eigenen Wunsch im September vergangenen Jahres ihre Ausbildung bei der Polizei in Mecklenburg-Vorpommern beendet, sich aber auch vom rechten Gedankengut offiziell distanziert.

Beim DOSB ist man bemüht, den Fall sachlich zu bewerten. "Jetzt haben wir die Zeit, die Dinge in Ruhe aufzuarbeiten. Aber es ist klar, dass eine Sportlerin nur nachdem beurteilt wird, was sie selbst denkt", betonte DOSB-Generaldirektor Michael Vesper.

Die kritische Berichterstattung in den vergangenen Wochen über den Fall der jungen Ruderin hat vor allem Remer verärgert. "Es klingt sehr nach Sippenhaft, was hier gemacht wurde. Der Junge, ihr Freund, gehörte der rechten Szene an. Nadja nicht. Und sie muss dafür büßen. Irgendwie finde ich das Ganze nicht konsequent."

(sid)
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