Nach Peking-Pleite Deutschland-Achter will Gold

London · Der Deutschland-Achter galt lange Jahre als Mythos. Doch mit der peinlichen Havarie von Peking 2008 ging der Ruf als nationales Erfolgssymbol verloren. Nun bietet sich die Chance auf Olympia-Gold. Ein Erfolg könnte dem Randsport wieder zu mehr Popularität verhelfen.

Olympia 2012: Steuermann stellt Achter vor
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Olympia 2012: Steuermann stellt Achter vor

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Foto: dpa

Über Silber oder Bronze redet niemand. Im Finale am Mittwoch (13.30 Uhr) auf dem Dorney Lake von Eton haben die bärenstarken Seriensieger aus dem Deutschland-Achter nur ein Ziel. Die im gesamten Olympia-Zyklus seit Peking ungeschlagene Ruder-Crew um Schlagmann Kristof Wilke (Radolfzell) nimmt das erste Gold seit 1988 ins Visier. Anders als seine seit Tagen schweigsamen Schützlinge sprach Trainer Ralf Holtmeyer aus, was alle denken: "Wir sind kurz davor und wollen das Ding bei den Hörnern packen."

Guten Ruf zurückgewinnen

Das DRV-Paradeboot schickt sich an, den mit dem letzten Platz von Peking 2008 verloren gegangenen Ruf als nationales Erfolgssymbol zurückzugewinnen. Nicht zuletzt aufgrund der bisher dürftigen Medaillenausbeute der gesamten deutschen Olympiamannschaft steht der Achter mehr denn je im Rampenlicht. "Langsam steigt die Anspannung. Aber die werden wir im Rennen brauchen, wenn wir gewinnen wollen", sagte Steuermann Martin Sauer (Berlin).

Angesichts des für Ruderer ungewohnten Medienhypes mieden seine Mitstreiter zuletzt Kontakte mit der Öffentlichkeit. Nichts soll die Konzentration auf den großen Showdown stören. "Bisher waren wir die Super-Favoriten, jetzt sind wir die Super-Super-Favoriten. Das wollen die Jungs nicht hören", kommentierte Holtmeyer die Entscheidung der Ruderer. Mit der großen Erwartungshaltung können sie nach seiner Einschätzung gut umgehen: "Wie viele Millionen Zuschauer am Mittwoch vor den Fernsehern sitzen, ist für uns vielleicht nachher wichtig - aber ganz bestimmt nicht vorher."

Seit dem famosen Vorlaufsieg waren die Crew-Mitglieder nur einmal für längere Zeit jenseits der Wasserfläche zu sehen. Auch ohne eigenen Ruderschlag schöpften sie beim Besuch des Hoffnungslaufs der noch nicht für das Finale qualifizierten Boote am Montag weiteren Mut. Schließlich lagen die Briten, Kanadier und Niederländer vorn.
Und damit diejenigen, die schon am vorigen Samstag bezwungen werden konnten. Das bereitete auch Holtmeyer Vergnügen: "Es hat sich gezeigt, dass wir den stärkeren Vorlauf hatten. Und es war schön zu sehen, wie sich die anderen anstrengen müssen."

Wie stark sind die Amerikaner?

Einzige Unbekannte im Sechserfeld sind die Amerikaner. Der Sieger des zweiten Vorlaufs hatte in diesem Jahr auf Starts beim Weltcup verzichtet. Spekulationen über das angeblich mächtige Stehvermögen der US-Boys lassen Holtmeyer kalt. "Wir brauchen uns nicht künstlich Gegner aufzubauen. Die Amerikaner sind gut, aber ich halte die Briten nach wie vor für unsere Hauptkonkurrenten."

Ähnlich cool reagierte der Erfolgscoach, der schon 1988 beim Olympiasieg von Seoul Regie führte, auf die wenig erfreulichen Wetterprognosen der Meteorologen. Demnach könnte das Rennen am Mittwoch zu einer Windlotterie werden. Ein Perfektionist wie Holtmeyer hat auch solche Unwägbarkeiten eingeplant: "Wir beschäftigen uns nicht mit Dingen, die wir nicht ändern können. Wir haben zum Ende der Vorbereitung extra in Ratzeburg trainiert, um uns auf solche Windverhältnisse einzustellen."

(dpa)
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