Deutsches Multi-Kulti-Team in Rio "Bunt ist immer am schönsten"

Rio de Janeiro · Sie wurden in Jerewan, Debre Zeyit oder Leninskoje geborgen, heißen Harutyunyan, Gülec oder Moguenera - und tragen bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro gemeinsam den Adler auf der Brust.

Sosthene Moguenara strahlt mit Silber um die Wette
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Mehr als 80 Athletinnen und Athleten mit Wurzeln in rund 30 verschiedenen Ländern kämpfen für Deutschland am Zuckerhut um Medaillen.

Nie war eine deutsche Olympia-Delegation bunter. "Wir sind von der Hautfarbe oder der Herkunft verschieden, aber wir gehören alle zusammen und repräsentieren Deutschland", sagte Weitspringerin Sosthene Moguenara einmal: "Bunt ist immer am schönsten."

Die 26-Jährige hat eine der zahlreichen Erfolgsgeschichten geschrieben, die das enorme Integrationspotenzial des Sports unter Beweis stellen. Mit neun Jahren kam die Weitspringerin zu ihrer Tante nach Essen und blieb dort, weil in der Heimat Tschad der Bürgerkrieg ausgebrochen war. Beim TV Wattenscheid entwickelte sie sich zur Top-Leichtathletin. Inzwischen belegt Moguenara mit 7,16 m hinter Heike Drechsler (Bestleistung 7,48 m/1988 und 1992) sowie der damaligen DDR-Athletin Helga Radtke (7,21/1984) den dritten Rang der "ewigen" deutschen Bestenliste.

Die Herkunft spielt keine Rolle

Moguenera ist längst nicht die einzige deutsche Athletin mit Zuwanderungsgeschichte, die in der Weltspitze ihres Sports angekommen ist. Tischtennis-Ass Dimitrij Ovtcharov stammt ursprünglich aus Kiew, der Turn-Olympiazweite Marcel Nguyen hat Wurzeln in Vietnam, Tennisprofi Dustin Brown spielte bis 2010 für Jamaika und nennt sich selbst "GerMaican", Bahnrad-Olympiasiegerin Kristina Vogel ist im heutigen Kirgistan geboren und kam als Kleinkind nach Deutschland.

Inzwischen sind sie Idole, denen Kinder in deutschen Velodromen, Sporthallen und Tennisplätzen nacheifern. Ihre Herkunft? Spielt keine Rolle. "Der Sport hat viele Vorbilder hervorgebracht, die zeigen, dass Erfolg in unserer Gesellschaft nicht von der Einwanderungsgeschichte eines Menschen abhängt. Sondern von seinem Engagement und seiner Leistung", sagte Aydan Özoguz, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration.

Besonders stark ist der Anteil der Athleten mit Zuwanderungsgeschichte in den Kraft- und Kampfsportarten. Das dreiköpfige deutsche Taekwondo-Team für Rio ist türkischstämmig, Deutschlands stärkster Gewichtheber Almir Velagic flüchtete als Kind vor dem Krieg in Jugoslawien, auch bei den Ringern und Boxern haben die besten Athleten ihre Wurzeln in anderen Ländern.

Dass gelungene Integration kein Selbstläufer ist, zeigt das Beispiel von Serge Michel. Als Sechsjähriger kommt Michel aus Russland nach Deutschland, er hat Schwierigkeiten mit dem fremden Umfeld, die Schule verlässt er ohne Abschluss, seine erste Haftstrafe dauert 18 Monate. Erst über den Sport findet Michel zurück in die Spur, er boxt sich durch und qualifiziert sich für die Sommerspiele in Rio - und vertritt dort die deutschen Farben.

(sid)
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