Von der Herstellung bis zum Material Auf was es bei nachhaltiger Sportkleidung zu achten gilt

Düsseldorf · Von der Yogaleggings bis zur Funktionsjacke – Sport- und Outdoorkleidung muss einiges aushalten. Dazu besteht sie meist aus Kunststofffasern. Doch es gibt auch nachhaltigere Alternativen. Wir erklären, welche Varianten es gibt und auf welche Siegel man achten kann.

 Joggingbekleidung, aber nachhaltig. Vieles tut sich in diesem Punkt auf dem Markt. Bedenkenlos, was Nachhaltigkeit angeht, kann der Kunde beim Kauf aber fast nie sein.

Joggingbekleidung, aber nachhaltig. Vieles tut sich in diesem Punkt auf dem Markt. Bedenkenlos, was Nachhaltigkeit angeht, kann der Kunde beim Kauf aber fast nie sein.

Foto: Shutterstock/Enfoca y dispara

Sie ist wasserdicht, aber atmungsaktiv, bequem und dennoch reißfest. Zusätzlich absorbiert sie Schweiß und trocknet schnell. Sport- und Outdoorkleidung muss vielseitig einsetzbar und belastbar sein. Reine Baumwolle kommt dabei an ihre Grenzen. Deshalb setzt die Sportbranche auf leichtere Synthetik-Materialien, deren Inhaltsstoffe allerdings oft umwelt- und gesundheitsschädlich sind. Auch im Dickicht der Siegel für fair hergestellte Kleidung verläuft man sich allzu schnell, Greenwashing-Fallen lauern dazu an jeder Ecke. Welche Arten von Sporttextilien es gibt, welche davon wirklich nachhaltig sind und was hinter den wichtigsten Siegeln steckt, beantworten wir.

Sportmode Made in Europe

Beim Kauf von Sportkleidung schon beim Etikett auf „Made in Europe“ zu achten, bedeutet zumindest, dass man die schlechten Arbeitsverhältnisse umgeht, die in der sonst weitgehend nach Asien ausgelagerten Textilproduktion an der Tagesordnung sind. Im Normalfall sollten hier während der Produktion auch keine giftigen Chemikalien ins Abwasser gelangen.

Das schwäbische Unternehmen „Trigema“ stellt beispielsweise ausschließlich im baden-württembergischen Burladingen her. „Auf diese Weise sind die Transportwege wesentlich kürzer, da unsere Kunden in Europa sind. Letztlich ist es ja so, wenn ich ein Shirt aus Bio-Baumwolle herstelle und es dann einmal um die ganze Welt schicke, ist es trotz des ökologischen Materials nicht mehr besonders nachhaltig“, erklärt Wolfgang Grupp, Mitglied der Geschäftsleitung von „Trigema“. Unter nachhaltiger Herstellung vereinen sich also mehrere Aspekte. Es geht nicht allein um das Produktmaterial.

Sportkleidung aus Recycling-Kunstfaser

Auf Kunstfasern kann man bei Sportkleidung häufig nicht vollständig verzichten. Trotzdem kann man darauf achten, dass die Stoffe möglichst schadstoffarm sind – sowohl in ihrer Produktion als auch im fertigen Produkt. Dies gelingt, indem Kunstfasern aus Recyclingmaterial hergestellt werden. Denn beim Kauf von Recycling-Kunstfaser wird zumindest die Neugewinnung von erdölbasierten Fasern und damit sowohl Rohstoffe als auch Energie eingespart. Unterstützende Siegel sind „Oeko-Tex Standard 100“ und „Bluesign“. Letzteres ist noch etwas strenger.

Sportbekleidung aus Naturfaser

Wer Kunstfaser vollkommen vermeiden möchte, findet inzwischen eine Auswahl an nachhaltiger Sportmode aus Naturfasern wie Wolle, Seide, Holzfasern (Lyocell), Bio-Baumwolle oder Merinowolle. Letztere ist dabei ein Allround-Talent: Atmungsaktiv, schweißabsorbierend, temperatur- und feuchtigkeitsregulierend, nimmt kaum Gerüche an und ist gleichzeitig gut hautverträglich und biologisch abbaubar. Zudem müssen Wollprodukte nicht so häufig gewaschen werden wie Synthetik-Kleidung, schon durch bloßes Auslüften werden die Kleidungsstücke wieder relativ frisch.

Hierbei kann man sich an dem Label „Global Organic Textile Standard“ (GOTS) orientieren. Um es zu erhalten, müssen mindestens 70 Prozent Naturfasern und maximal 10 Prozent Synthetikfasern verwendet werden. Insbesondere bei Schurwolle wartet jedoch eine Stolperfalle: Nachhaltig bedeutet in diesem Zusammenhang auch, dass auf eine artgerechte Haltung der Schafe geachtet wird. Dementsprechend sollte auf das umstrittene Mulesing verzichtet werden. Dabei wird den Tieren Haut am After entfernt, um Parasitenbefall vorzubeugen. Der Online-Händler „Engel Sports“ erklärt deshalb auf seiner Website, dass sie ihre Merinowolle ausschließlich aus Argentinien beziehen. Dort sei das Mulesing aufgrund der klimatischen Verhältnisse nicht notwendig.

Während insbesondere in Sportkleidung Merinowolle häufig auftaucht, verwendet die restliche Textilindustrie nach wie vor verhältnismäßig wenig Biobaumwolle. „Aus streng biologisch kontrolliertem Anbau – das heißt unter anderem Verzicht auf Pestizide und Kunstdünger – stammt zurzeit nicht einmal ein Prozent der weltweiten Baumwolle“, berichtet die Stiftung Warentest.

Nachhaltige Kleidung: Alternative Mode aus Bambus, Kork und Hanf
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Diese Stoffe sind nachhaltig

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Foto: dpa-tmn/Catherine Waibel

Mischgewebe

Viele Hersteller verwenden für eine bessere Funktionalität ihrer Sportkleidung auch Mischgewebe, also mindestens zwei verschiedenen Materialien hergestellt. Hans Allmendinger, Geschäftsführer der Snowboard-Marke „Zimtstern“, erklärt das so: „Es ist in jedem Fall gut, wenn Stoffe recycelt werden. Doch wenn ein Produkt beispielsweise aus einer Mischung aus Polyester und Merinowolle besteht, wird es schwer, dieses Kleidungsstück zu recyceln, weil die Stoffe dazu wieder voneinander getrennt werden müssen, was unter Umständen nicht oder nur schwer möglich ist.“ Bei diesen Produkten, die hohe Funktionalitätseigenschaften versprechen und diese sicherlich oft auch einhalten, ist also Vorsicht geboten. Solch ein Misch-Kleidungsstück ist nur nachhaltig, wenn es zumindest lange genutzt wird und nach dem ersten Produktleben noch eine Weiterverwendung erfährt.

Hersteller

Als führend bei der Nachhaltigkeit, was Herstellung, Material, Produktleben und Verbraucherschutz angeht, werden selten große Hersteller wie Nike oder Adidas angeführt. Diese versprechen Nachhaltigkeit anzupeilen, verlegen aber viele ihrer Ziele noch weit in die Zukunft, etwa die Klimaneutralität. „Greenpeace“ etwa bezichtigte Nike vor einigen Jahren des „Greenwashings“, also Nachhaltigkeit nur auf der Fassade, und allenfalls Adidas eine Vorreiterrolle darin, Schadstoffe aus ihren Produkten zu entfernen. Der Schuh-Hersteller „on“ bietet seit Herbst 2021 einen Laufschuh, der rein aus pflanzlichen Fasern, gewonnen aus Bohnen besteht.

Eher nur Leuchtturmprojekte, denn wirklich nachhaltig agieren nur kleinere Hersteller. Unter namhaften Firmen sind hier beispielsweise „Vaude“ oder „Patagonia“ zu nennen, die sich freiwillig an eine Vielzahl von Siegeln und Zertifikaten für Nachhaltigkeit halten. Im Bereich Laufsport und Yoga sind hier unter anderem „nice to meet me“ oder “Aeance“ empfehlenswert. Der Online-Händler „planetics“ listet in seinem Shop nach eigenen Angaben nur Hersteller, die Bekleidung aus mindestens 75 Prozent recycelten oder nachwachsenden Rohstoffen bestehen.

Fazit

Letztlich gilt trotz aller positiven und fortschrittlichen Entwicklungen nach wie vor: Das nachhaltigste Kleidungsstück ist das, das gar nicht erst hergestellt wird. Immerhin kaufen wir laut dem World Wide Fund for Nature (WWF) durchschnittlich stolze 20 Kilogramm Kleidung pro Jahr. „Greenpeace“ erklärt es aus Sicht der Produktion: „Rund 200 Milliarden Kleidungsstücke wurden im Jahr 2020 weltweit hergestellt - etwa doppelt so viel wie im Jahr 2014.“ Dementsprechend hilft es der Umwelt nicht nur, auf die Verarbeitung und die Materialien von Kleidung zu achten, sondern auch, Kleidungsstücke möglichst aufzutragen.

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