München Nach 23 Jahren gewinnt Bayer wieder in München

München · Es könnte sein, dass Marek Lesniak künftig nicht mehr so oft danach gefragt wird, wie es denn war, damals 1989, als er, der polnische Stürmer, Bayer Leverkusen mit seinem Tor den Sieg beim FC Bayern München beschert hatte. Denn seit gestern Abend und in Zukunft erzählen sie sich in Leverkusen wohl lieber die Geschichte vom 28. Oktober 2012, als man nach 23 Jahren erstmals wieder in München gewinnen konnte. Stefan Kießling und Sidney Sam erzielten die Treffer zum 2:1-Sieg gegen die Bayern, die damit erstmals in dieser Saison als Verlierer den Platz verließen. Münchens Trainer Jupp Heynckes war sich sicher, dass "die Niederlage uns nicht umwerfen wird". Leverkusens Kapitän Simon Rolfes strahlte nach einer "Abwehrschlacht".

In der 42. und 87. Minute der Partie erlebte die Reservebank der Gästemannschaft in der Allianz-Arena eine Eruption von Menschen, als wäre Bayer Leverkusen soeben der jeweils vorentscheidende Treffer zum Gewinn der Deutschen Meisterschaft gelungen. Das war zwar beide Male nicht der Fall, aber die Tore von Kießling zur Führung und Sam zum Siegging Verantwortlichen wie Spielern der Werkself herunter wie Öl. Sie hatten endlich diesen Sieg geschafft. Sie, die doch eigentlich immer in München verlieren. Sie, die auch diesmal mit allenfalls scheuer Zuversicht angereist waren. Sie, die zu allem Überfluss bei einer Bayern-Elf antreten mussten, die saisonübergreifend die vergangenen elf Bundesligaspiele gewonnen hatte.

Doch Leverkusen schickte sich im Schneetreiben an, den Rekordmeister vor größere Probleme zu stellen als bislang irgendein anderer Gegner in dieser Spielzeit. Kießlings Treffer bedeutete so das erste Gegentor für die Mannschaft von Jupp Heynckes nach 523 Minuten in der Bundesliga. Und die Führung war nicht einmal unverdient, weil Leverkusen genau das tat, was es angekündigt hatte: nämlich nicht in Angst vor der Münchner Offensivstärke (diesmal ohne den verletzten Franck Ribéry) zu erstarren, sondern immer wieder aus einer massiven und giftigen Defensive heraus konstruktiv und durchaus mutig zu kontern. Das gelang ihnen gegen einen lange zu langsam und oft zu ideenlos agierenden Tabellenführer, der zudem bei seinen durchaus vorhandenen Chancen nach Ansicht von Bayern-Legende Paul Breitner "viel zu halbherzig" agierte. Kießlings Tor war nur einer von gleich mehreren Nadelstichen, die die Gäste setzen konnten.

Dass der Rückstand das Selbstverständnis der erfolgsverwöhnten Bayern empfindlich treffen würde, musste Bayer 04 in der Folgezeit erfahren. Wütende Hausherren erhöhten das Tempo, nicht zuletzt weil Heynckes seiner Mannschaft in Person von Xherdan Shaqiri, Arjen Robben und Claudio Pizarro deutlich mehr Risikobereitschaft verordnete. Doch Bayer knickte diesmal nicht wie so oft bei vergangenen Gastspielen in München ein, sondern wehrte sich, verteidigte weiterhin clever und kam seinerseits durch Castro, Schürrle und Kießling zu Chancen.

Doch die Bayern wären nicht die Bayern, wenn ihnen selbst bei scheinbar wachsender Ratlosigkeit nicht doch ein Weg zu einem Treffer eingefallen wäre. In diesem Fall führte der Weg über Pizarro, dessen Flanke Mario Mandzukic an Bernd Leno vorbei ins Tor köpfte. Als Bayers Traum zerplatzt zu sein schien, sorgte Sam mit seinem abgefälschten Kopfballtor dafür, dass er doch noch Realität wurde. 23 Jahre nach Marek Lesniaks Goldenem Tor.

Der FC Bayern muss in den kommenden Spielen einen Ausfall von Holger Badstuber befürchten. Der Abwehrspieler zog sich eine Muskelverletzung zu und musste in der Pause ausgewechselt werden. Auch Mittelfeldspieler Luiz Gustavo musste in der zweiten Hälfte mit muskulären Problemen vom Platz.

(RP)
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