Horror-Unfall kostete ihn beide Beine Ex-Rennfahrer Zanardi startet bei Paralympics

Köln · Seinen Lebensmut und seinen Humor hat Alessandro Zanardi trotz des Horrorunfalls vor elf Jahren nie verloren. Immerhin könne er sich beim Barfußlaufen nun nicht mehr erkälten, erklärte der verunglückte Rennfahrer nach dem Verlust beider Beine schmunzelnd: "Und wenn ich mir jetzt noch mal die Beine breche, brauche ich nur noch einen Inbusschlüssel."

 Alessandro Zanardi startet bei den Paralympics in London als Handbiker.

Alessandro Zanardi startet bei den Paralympics in London als Handbiker.

Foto: AP, AP

Erstaunliche Sprüche eines Sportlers, der am 15. September 2001 auf dem Lausitzring schwer verunglückte. Nach einer Kollision mit dem Auto von Alex Tagliania war sein Auto in zwei Teile gerissen worden. Zanardi wurde sieben Mal wiederbelebt und verlor beide Beine oberhalb der Knie. Er blieb dennoch Sportler durch und durch. Bei den Paralympics in London, so bestätigte nun das Nationale Paralympische Komitee Italiens, wird er als Handbiker starten.

"Jetzt ist es sicher, dass ich nach London fahre", sagte Zanardi zu Autosport und ergänzte schmunzelnd: "Okay, sagen wir 99 Prozent, denn passieren kann immer etwas." Starten wird er für Italien, aber auch ein bisschen für Deutschland.

Durch die zahlreichen Operationen habe er nun so viel deutsches Blut in sich, dass er sich fast als Deutscher fühle, sagt Zanardi. Zu den Ärzten in der Unfallklinik Berlin Marzahn, die sein Leben retteten, hält er weiterhin Kontakt. Sie werden wohl am 5. und 7. September vor dem Fernseher sitzen, wenn ihr Patient einen aus seiner Sicht absoluten Höhepunkt seiner Karriere angehen wird.

"Ich bin glücklich, dass ich beim Großen Preis von Monaco in der Startaufstellung stehen durfte und in Michigan vor 200.000 Fans fahren durfte", sagte der 41-malige Formel-1-Starter schon vor Wochen: "Ich hatte eine Menge Erfolge. Doch in London anzutreten, wird einfach nur großartig werden."

Die Vorbereitung auf die Paralympics habe für ihn nun "absolute Priorität", sagte Zanardi: "Jedes Rennen, das in dieser Hinsicht nicht in mein Trainingsprogramm passt, werde ich streichen."

Er sei "wirklich sehr zufrieden damit, wie sich die Dinge entwickeln", ergänzte er. Den Beginn der Paralympics kann er kaum noch erwarten. "Im Augenblick bin ich meiner eigenen Form aus der vergangenen Saison weit voraus", sagte er: "Es dürfte schwierig werden, noch weitere Verbesserungen zu erzielen und ein noch höheres Level zu erreichen.

Zanardis Ziel ist klar, das olympische (und paralympische) Motto "Dabei sein ist alles" genügt ihm nicht. "Ich reise nicht dorthin, um einfach nur dabei zu sein", stellte er klar.

Ein Siegertyp war er schließlich auch nach seinem Unfall stets. 2004 kehrte er auf den Lausitzring zurück und beendete symbolisch sein durch den Horrorunfall unvollendetes Rennen. Zwischen 2005 und 2009 fuhr er mit einem speziell umgebauten Wagen, bei dem er mit der Hand Gas gab und mit der Prothese des rechten Beins bremste, für BMW in der Tourenwagen-WM gewann er vier Läufe. Im vergangenen November schließlich feierte er beim New-York-Marathon seinen ersten großen Sieg mit dem Handbike, ein Liegerad, das mit den Händen angetrieben wird.

Nun ist Zanardi nur noch mit rund 40 km/h statt mit über 300 unterwegs, die Kraft seiner Hände schafft immerhin 1 PS, am Bike schraubt er überwiegend selbst. In einem Formel-1-Auto saß er nach seinem Unfall übrigens auch schon wieder. 2006 fuhr er in Valencia als erster beinamputierter Testfahrer für BMW 30 Runden auf dem Kurs in Valencia. Dabei war er fast zeitgleich mit dem damals zweiten Testfahrer, einem gewissen Sebastian Vettel. "Du hast verdammt viel von mir gelernt", sagte Zanardi dem inzwischen zweimaligen Weltmeister dann auch kürzlich bei einem Treffen. Wie gesagt, seinen Humor hat er nie verloren.

(sid)
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