Frauen im Sport-TV Mit Carmen Thomas fing alles an

Düsseldorf · Beim Sportkongress "SpoBis" in Düsseldorf haben drei Frauen erzählt, wie sie sich heute in ihrem TV-Job behaupten.

Carmen Thomas wurde durch den Versprecher "Schalke 05" berühmt.

Carmen Thomas wurde durch den Versprecher "Schalke 05" berühmt.

Foto: dpa

Ulrike von der Groeben erzählt von einer Begegnung mit Rudi Völler vor einiger Zeit. Die beiden standen zusammen auf der Bühne, der Sportdirektor von Bayer Leverkusen bekam einen Preis verliehen. Von der Groeben, seit 1989 beim Privatsender RTL vor der Kamera, stellte offenbar eine Frage, die nicht nach dem Gusto von "Tante Käthe" war. "Diese Frage", sagte Völler demnach, "kann ja nur von einer Frau kommen." Später soll er ihr auch noch seine grundsätzliche Meinung zum Thema gesagt haben: "Mir geht das gehörig auf den Keks, dass es immer mehr Frauen im TV vor der Kamera gibt — und die haben alle keine Ahnung." Später habe sich Völler für den Ausbruch entschuldigt, erzählt die Mönchengladbacherin von der Groeben. War alles nicht so gemeint.

Ulrike von der Groeben zählte zu den Ersten, die in eine bis dahin von Männern dominierte Szene eingedrungen war. Mittlerweile gibt es keinen Sender, der in der Sportberichterstattung nicht mindestens ein weibliches Gesicht in seinen Reihen vor der Kamera hat. Bei der ARD ist es unter anderem Ex-Eisschnellläuferin Franziska Schenk (Wintersport), beim ZDF Katrin Müller-Hohenstein (Aktuelles Sportstudio), Pro7/Sat.1 hat Andrea Kaiser (Boxen) engagiert.

Der Montag bei der Zweitligaberichterstattung von Sport1 ist fast komplett in der Hand von Frauen — Moderatorin ist Laura Wontorra, die Tochter von Jörg Wontorra, es gibt sogenannte Field-Reporterinnen, die Spieler für Erklärungen direkt nach Abpfiff abfangen, nur der Kommentator der Partie ist nach wie vor ein Mann. "Ich muss mir schon oft dumme Sprüche anhören", sagt Laura Wontorra beim "SpoBis", dem größten Sportkongress Europas in Düsseldorf. "Du hast doch den Job nur wegen Deines Vaters bekommen, Du kannst doch selbst nichts. Das alles lass ich nicht an mich heran. Ich habe studiert, ein Volontariat gemacht und stehe jetzt eben vor der Kamera."

Dass es nicht nur um fachliche Qualitäten geht, sei doch aber auch klar, findet Kollegin von der Groeben. "Natürlich wird nach netten Gesichtern Ausschau gehalten. Es geht darum, etwas zu verkaufen", erzählt sie. "Die Sender besetzen gerne Stellen mit Frauen. Diese Entwicklung gibt es auf jeden Fall."

Am Anfang stand ein Versprecher. Carmen Thomas machte am 21. Juli 1973 im "Aktuellen Sportstudio" aus Schalke 04 den FC Schalke 05. Ein Aufschrei der Empörung hallte durch die Republik, eineinhalb Jahre später verließ sie den Sender. "Das alles war für uns Frauen in diesem Beruf sicherlich nicht förderlich", bekundet von der Groeben. "Aber viel schlimmer als der Versprecher war für mich, dass sie sich überhaupt nicht für Sport interessiert hat."

Esther Sedlaczek ist das Gesicht des Bezahlsenders "Sky" im Sport. "Natürlich spielt es auch eine Rolle, dass du nett anzusehen bist vor der Kamera, aber meinen Sie im Ernst, dass es sich ein Sender erlauben kann, jemanden vor die Kamera zu lassen, der überhaupt keine Ahnung hat von dem, was er da macht? Am Ende setzt sich Leistung durch", sagt die Berlinerin. Ihr selbst ist auch schon einmal ein Versprecher passiert, als sie statt Fortuna Düsseldorf in einer Moderation Düsseldoof sagte. "Passiert, abgehakt, weiter geht es. Das habe ich ja nicht extra gemacht und schon gar nicht, weil ich eine Frau bin", sagt sie. "Ich mache meinen Job. Fehler gehören dazu."

(RP)
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