Moskau/Düsseldorf Michael Schrader krönt sich mit Silber

Moskau/Düsseldorf · Der 26-Jährige sorgt für die erste WM-Medaille deutscher Zehnkämpfer seit 16 Jahren. Rico Freimuth wird Siebter, Europameister Pascal Behrenbruch landet auf Rang elf. Gold geht an Olympiasieger Ashton Eaton aus den USA.

Als es vollbracht ist, brüllt Michael Schrader seine ganze Freude heraus. Mit einer persönlichen Bestleistung von 8670 Punkten sichert er sich bei der Leichtathletik-Weltmeisterschaft in Moskau seine erste internationale Medaille.

"Ich wusste immer, wenn ich gesund bin, kann ich Großes leisten. sagte Schrader, der "ohne Ziel und Prognose" in den WM-Kampf gegangen war und "nur gesund durchkommen" wollte. Clemens Prokop, Präsident des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV), sprach von einem traumhaften Start: "Zehnkämpfer waren in Deutschland immer Helden der Nation." 1997 hatte Frank Busemann zuletzt Bronze gewonnen, zehn Jahre zuvor holte Siegfried Wentz Silber hinter DDR-Athlet Torsten Voss.

Der 26 Jahre alte Schrader wurde den hohen Erwartungen gerecht. Hinter dem Olympiasieger Ashton Eaton (USA), der sich mit Weltjahresbestleistung von 8809 Punkten souverän sein erstes WM-Gold sicherte, holte der Leverkusener Silber. Dritter wurde Damian Warner aus Kanada mit 8512 Punkten. Titelverteidiger Trey Hardee (USA) schied vorzeitig aus.

Rico Freimuth (Halle/Saale) durfte sich bis zur letzten Disziplin Hoffnungen auf eine Medaille machen. Doch der 25-Jährige fiel im 1500-Meter-Lauf noch drei Plätze zurück und wurde mit 8382 Punkten Siebter. Europameister Pascal Behrenbruch (28) musste sich mit 8316 Punkten und Rang elf zufriedengeben. Seinen vollmundigen Ankündigungen, am zweiten Tag das Feld von hinten aufrollen zu wollen, ließ der Olympia-Zehnte keine Taten folgen. Im Stabhochsprung, kam der Frankfurter nicht über 4,70 Meter hinaus und blieb damit deutlich unter seinen Möglichkeiten.

Schrader zeigte während des Wettbewerbs dagegen kaum Schwächen. Am zweiten Wettkampftag legte er im Diskuswerfen (46,44 Meter), im Stabhochsprung (5,00 Meter) und mit dem Speer (65,67 Meter) persönliche Bestleistungen hin. Mit seinem Coup von Moskau ging für den gebürtigen Duisburger eine fast vierjährige Leidenszeit zu Ende. Schon lange galt er als Supertalent. 2009 sorgte der Sportsoldat im Alter von nur 21 Jahren mit 8522 Punkten bei seinem Sieg in Götzis für Aufsehen, wurde danach durch langwierige Fußverletzungen aber immer wieder zurückgeworfen. Die WM 2009 in Berlin hatte Schrader deswegen ebenso verpasst wie die EM 2010, die WM 2011 und Olympia 2012. Die Karriere eines der hoffnungsvollsten Zehnkampf-Talente schien beendet zu sein, ehe sie überhaupt richtig begonnen hatte. Doch dann kam Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt. Der Arzt des FC Bayern München kümmert sich seit einem Jahr um den Zehnkämpfer. Offenbar mit Erfolg. "Ich bin beschwerdefrei", sagte Schrader vor der WM, "und will angreifen."

Jetzt löste er sein Versprechen ein – und Ex-Weltrekordler Roman Sebrle bescheinigt ihm prompt eine glänzende Zukunft. "Er ist fantastisch und hat noch Luft nach oben. Wenn Michael verletzungsfrei bleibt, kann er ein ernster Herausforderer von Eaton werden", sagte der Tscheche, der 2001 als erster Zehnkämpfer die magische 9000-Punkte-Marke geknackt hatte. Auch Paul Heinz Wellmann, Geschäftsführer der Leichtathletik-Abteilung beim TSV Bayer Leverkusen, war von der Leistung beeindruckt: "Der Junge hat in den vergangenen Jahren soviel Pech gehabt – da ist dieser zweite Platz heute umso schöner. Er darf sich nicht nur über die Silbermedaille freuen, sondern auch über die Punktzahl, die er erreicht hat. Das ist ganz fantastisch", sagte Wellmann, der den Silber-Triumph live im Luschniki-Stadion verfolgte.

"Der Micha holt eine Medaille", prophezeite Teamkollege Rico Freimuth schon zur Zehnkampf-Halbzeit. Wegen der idealen Trainingsbedingungen war Schrader vor der Weltmeisterschaft gemeinsam mit Freimuth nach Halle an der Saale gezogen. Für den WM-Siebten ist das gute Klima in der Männer-WG ein Geheimnis des Erfolges. "Wir haben die gleichen Interessen und den gleichen Humor", sagte Freimuth. "Und wenn dein Konkurrent dein bester Freund ist, motiviert das zusätzlich."

(RP)
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