Alexander Kosenkow 40 und kein bisschen langsam

Wattenscheid · Alexander Kosenkow ist in diesem Jahrtausend die Konstante unter den deutschen Sprintern. Im März wird er 40. Im August will er bei der WM in London dabei sein.

 Alexander Kosenkow bei der Leichtathletik-EM 2014.

Alexander Kosenkow bei der Leichtathletik-EM 2014.

Foto: dpa, soe

Alexander Kosenkow will sich nicht beschweren über die jüngeren Kontrahenten um ihn herum. Respekt? Vor ihm, dem fast 40-jährigen Oldie auf der Tartanbahn? Ja, den gebe es. "Sie lassen mich aber nicht als Ersten durchs Ziel laufen, so weit respektieren mich die Jüngeren dann doch nicht. Das muss ich mir doch noch selbst erkämpfen", sagt Kosenkow. Dass er diesen Kampf gegen fast 16 Jahre jüngere Trainingskollegen wie Maurice Huke in Wattenscheid und fast nur jüngere Kontrahenten bei nationalen und internationalen Wettkämpfen immer noch erfolgreich aufnimmt, ist das Besondere an Alexander Kosenkow.

Es ist das Besondere an Kosenkows Körper. Am 14. März wird er 40, und in einem Alter also, in dem andere längst aufgehört haben, zählt der Kirgisistan-Deutsche nach wie vor zu den Schnellsten des Landes. "Ein Arzt hat mir mal gesagt, dass ich mit meinen Voraussetzungen ohne Leistungseinschränkungen bis 42 meinen Sport betreiben könnte", sagt der Mann, der bei der WM 2001 in Edmonton erstmals in der 4x100-Meter-Staffel des Deutschen Leichtathletik-Verbandes gelaufen war und seitdem so etwas wie ihr Aushängeschild geworden ist. "Das müssen andere entscheiden ob ich eins bin oder nicht. Ich kann nur sagen, ich bin stolz, dass ich an der positiven Entwicklung unserer Staffel mitwirken konnte und dass wir heute Zeiten laufen, von denen man vor zehn Jahren nur träumen konnte", sagt Konsekow.

Doch wie trimmt man einen Körper mit fast 40 noch zu 100-Meter-Zeiten wie den 10,22 Sekunden, mit denen Kosenkow in der deutschen Bestenliste 2016 an vierter Stelle rangiert? "Über die Jahre hat man natürlich viel dazu gelernt, was Trainingssteuerung, Trainingsmethodik und Ernährung angeht. Man macht nicht mehr so viele Fehler, das ist ein Vorteil gegenüber jüngeren Athleten", sagt Kosenkow.

Dreimal Deutscher Meister über die 100 Meter ist er geworden, einmal über die 200, viermal holte er EM-Silber mit der deutschen 4x100-Meter-Crew. Kosenkow ist die große Konstante in einer deutschen Sprinterlandschaft, die seit den 1990ern in Marc Blume, Tobias Unger und aktuell Julian Reus ihre jeweiligen Top-Athleten besaß und besitzt.

Ist Kosenkow stolz auf diese Konstanz? "In den Augen anderer müsste ich wahrscheinlich stolz auf mich sein", sagt er. Und das zu erwartende "Aber" folgt auf dem Fuß. "Wichtiger ist mir mein inneres Empfinden. Stehe ich noch hinter dem, was ich mache? Kann ich noch? Will ich noch? Solche Fragen muss ich alle noch mit ja beantworten können, ohne mir irgendwas vorzulügen." Um sich etwas vorzumachen, ist Kosenkow zu lange dabei. Und für Augenwischerei würden sich die Trainingsstrapazen nicht lohnen. Wobei: "Das sind ja keine Strapazen, wenn man etwas macht, das einen erfühlt und befriedigt", sagt er.

Was Kosenkow antreibt, sind Ziele. Wettkämpfe, Zeiten, Normen, Platzierungen. Und der Fokus auf eben solche Punkte hilft ihm, das allgegenwärtige Thema Doping auszublenden. "Es gibt einfach ein paar Menschen auf diesem Planeten, die talentierter sind und schneller sprinten können als wir in Deutschland, und das muss man respektieren. Dass es aber auch viele unsaubere Athleten gibt, die viel Schaden anrichten, ist genauso ein Fakt. Ich weiß, was man in der Lage ist, mit sauberen Mitteln zu sprinten. Das kann man jetzt an uns selbst sehen. 10,01 bis 10,20 Sekunden sind in Deutschland kein Thema mehr, wenn man perfekt dafür vorbereitet ist", sagt Kosenkow. Derjenige, der die Zehn-Sekunden-Schallmauer am ehesten wird brechen können, ist Kosenkows Vereinskollege Julian Reus. Auf 10,01 Sekunden steigerte dieser die Bestmarke im vergangenen Sommer.

Mit der neun vor dem Komma beschäftigt sich Kosenkow nicht. Er hat andere Ziele. "Geplant sind ein paar Wettkämpfe in der Halle, ein Trainingslager in den USA, die Staffel-WM auf den Bahamas, Wettkämpfe im Sommer in Deutschland, die Deutschen Meisterschaften in Erfurt und hoffentlich die WM in London", erklärt Kosenkow. London soll der Höhepunkt des dann 40-Jährigen werden. "Eine Staffel-Teilnahme bei der WM ist ein Ziel, das ich vorhabe, dieses Jahr zu erreichen", sagt er. Es ist das perfekte Ziel für 2017 - das Jahr in dem Kosenkow 20 Jahre Vereinstreue beim TV Wattenscheid, Deutschlands langjähriger Sprinterhochburg, vollmacht. "Vereinstreue ist ja nur dann gegeben, wenn beide Seiten zufrieden miteinander sind", sagt er.

Bleibt die Frage, ob es auch ein Jahr 2018 in der Sprinterkarriere des Alexander Kosenkow geben wird? "Ob 2017 der Abschluss meiner Laufbahn sein wird, kann ich nicht sagen", sagt er. Wenn es nach seinem Arzt geht, muss jedenfalls nicht zwingend Schluss sein.

(klü)
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