Leichtathletik-WM in Moskau Silber! Schrader schreibt Zehnkampf-Märchen

Moskau · Michael Schrader waren die Qualen von zwei Tagen und zehn Disziplinen kaum anzusehen. Mit strahlendem Lächeln im Gesicht und Deutschland-Fahne um die Schultern ließ sich der 26-Jährige an der Seite des neuen "Königs der Athleten" für seinen Silber-Coup feiern und sehnte sich nach einer "schönen Flasche Wodka" mit seinen Kollegen: "Die haben wir uns schon ausgeguckt und dann wird gefeiert."

Leichtathletik-WM 2013: Schrader jubelt über Silber im Zehnkampf
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Leichtathletik-WM 2013: Schrader jubelt über Silber im Zehnkampf

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Wenige Minuten zuvor war sein Zehnkampf-Märchen bei der WM in Moskau mit einem nicht erwarteten zweiten Platz zu Ende gegangen. Der Leverkusener schraubte seine Bestleistung nach einer ganz starken Vorstellung auf 8670 Punkte und sorgte so für die erste WM-Medaille eines deutschen Zehnkämpfers seit 16 Jahren. Nur Olympiasieger und Weltrekordler Ashton Eaton war einmal mehr nicht zu schlagen.

Der US-Amerikaner sicherte sich mit 8809 Punkten souverän sein erstes WM-Gold und setzte sich die Krone auf. Dritter wurde Damian Warner aus Kanada (8512). Zudem sorgte Schrader für die erste DLV-Medaille in Moskau.

"Ich wusste immer: Wenn ich mal gesund bin, kann ich Großes leisten. Ich bin überglücklich", sagte Schrader. Sein WG-Kumpel Rico Freimuth (Halle/Saale) sammelte 8382 Punkte und kam auf Rang sieben. Europameister Pascal Behrenbruch fand nie zu seiner Leistung und enttäuschte mit 8316 Punkten und Platz elf.

1997 hatte Frank Busemann zuletzt Bronze gewonnen, zehn Jahre zuvor holte Siegfried Wentz zuletzt Silber hinter DDR-Athlet Torsten Voss. Nach vielen Rückschlägen in den vergangenen Jahren schob sich Schrader durch seine Leistungsexplosion auf Rang sechs der ewigen deutschen Bestenliste. Seit 17 Jahren hat ein deutscher Mehrkämpfer nicht mehr eine solche Punktzahl erzielt.

Eaton war zu stark

Schrader stellte in Moskau sein großes Potenzial unter Beweis, ließ sich auch nach kleineren Rückschlägen nicht unterkriegen und lieferte unterm Strich einen überragenden Zehnkampf mit fünf neuen oder eingestellten persönlichen Bestleistungen ab. Doch Eaton war für ihn einfach nicht zu knacken. Der 25-Jährige legte den drittbesten Wettkampf seiner Karriere hin und schaffte sogar in vier Disziplinen bessere Ergebnisse als bei seinem Weltrekord. Es war bereits der achte WM-Titel für die USA im Zehnkampf.

Behrenbruch enttäuschte nach Platz zehn bei Olympia in London erneut. Als Weltjahresbester war der Frankfurter mit hohen Erwartungen nach Russland gereist und lag nach dem ersten Tag auch auf Bronze-Kurs. Doch die vollmundig angekündigte Aufholjagd, am zweiten Tag das Feld von hinten aufrollen zu wollen, ließ er keine Taten folgen. Da half auch die Unterstützung von Freundin Sina nichts. "Dass es so in die Hose geht, hätte ich nie gedacht", sagte er.

Für Schrader ging dagegen mit seinem Coup von Moskau eine fast vierjährige Leidenszeit zu Ende. Schon lange galt er als Supertalent. 2009 sorgte der Sportsoldat im Alter von nur 21 Jahren mit 8522 Punkten bei seinem Sieg in Götzis für Aufsehen, wurde danach durch langwierige Fußverletzungen aber immer wieder zurückgeworfen. Jetzt löste er sein Versprechen von damals endlich ein. Ex-Weltrekordler Roman Sebrle bescheinigt ihm eine glänzende Zukunft. "Er ist fantastisch und hat noch Luft nach oben. Wenn Michael verletzungsfrei bleibt, kann er ein ernster Herausforderer von Eaton werden", sagte der Tscheche, der 2001 als erster Zehnkämpfer die magische 9000-Punkte-Marke knackte, dem SID.

Schrader bewies in Moskau seine Kämpferqualitäten, rufte sein Niveau souverän ab und beeindruckte auch Busemann: "Er ist nervenstark, funktioniert unter Druck und hat einfach Lust auf Zehnkampf." Moskau lief für ihn wie im Märchen.

(sid)
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