Diskus-Riese greift nach Gold Robert Harting setzt auf seinen "Arm der Vergeltung"

Moskau · Am Montag steigt mit Diskus-Riese Robert Harting Deutschlands größte Gold-Hoffnung in den Ring. Alles andere als der Titel wäre für den Olympiasieger eine Katastrophe.

Robert Harting wird es wieder tun. Bevor der Diskus-Riese in den Ring steigt, redet er mit seinem Arm. Mal spricht er ihm Mut zu, mal beleidigt und beschimpft er ihn. Harting nennt seine Waffe "Arm der Vergeltung", sein Bizeps heißt "Rudolph". Und "Rudolph" müsse bei der Weltmeisterschaft der Leichtathleten in Moskau jetzt ein "Machtwort" sprechen, sagt Harting.

Ihn belohnen für all die Qualen, die Entbehrungen, die er sich für dieses eine Ziel abgerungen hat: WM-Gold. Es wäre sein drittes in Serie. Erfolgreicher war nur Lars Riedel, der zwischen 1991 und 1997 vier Titel holte und 2001 dann noch ein Gold draufsetzte.

"Ich habe alle Titel: Olympiasieg. EM. WM. Die will ich behalten", sagte Harting in einem Interview mit der "Bild am Sonntag": "An Platz 2 kann ich nicht denken. Da tut sich sofort ein schwarzes Loch auf." Und damit der 28-Jährige nicht ins Bodenlose stürzt, redet er nicht nur mit seinem Arm, sondern wird sich auch wieder ein spezielles Muster in den Bart rasieren. "Das ist meine Kriegsbemalung und die muss wirken", sagt Harting.

Die größte Konkurrenz kommt aus Polen

Vor der Qualifikation am Montag (ab 7.40 Uhr/ARD und Eurosport) und erst recht im Finale (Dienstag, 17 Uhr/ZDF und Eurosport) will der Welt- und Europameister die Konkurrenz beeindrucken. Als härtesten Widersacher hat der Olympiasieger seinen Dauerrivalen und Weltjahresbesten (71,84 m) Piotr Malachowski ausgemacht. Der Pole schaffte als bisher Letzter das Kunststück, Harting bei einer großen Meisterschaft zu schlagen (EM 2010). Aber auch Gerd Kanter, Estlands Olympiasieger von Sydney 2000, und den iranischen Olympiazweiten Ehsan Hadadi hat er auf der Rechnung.

Doch im Luschniki-Stadion will Harting unbedingt wieder zum goldenen Hulk mutieren, wie die Comicfigur seine Muskelberge präsentieren und - wie bei allen seinen großen Titeln - sein Trikot zerreißen. "Das wird erwartet und gehört dazu. Doch die Show, die ich für die Kameras und fürs Publikum mache, ist nur die eine Sache", sagt Harting. Doch viel wichtiger sei es, im entscheidenden Moment im Kopf bereit zu sein und die richtige Technik abzurufen: "Einen Titel zu wiederholen, ist viel schwieriger, als ihn das erste Mal zu erringen."

Und ausgerechnet nach seinem Olympiasieg haben sich in seinem komplizierten Bewegungsablauf Fehler eingeschlichen - fast unbemerkt. Einen Wurf über 70 m traut sich der "King im Ring" in Moskau nicht zu. "Man muss sich das so vorstellen: Man hat eine Kassette mit einem Lied drauf. Und das Lied bekommt Qualitätsverlust, weil es schon 10.000 mal gespielt wurde. Also muss man schauen, dass man die Kassette neu bespielt, damit das Band wieder frisch ist", sagt Harting, der sich zuletzt in Kienbaum den Feinschliff holte und hofft, möglichst dicht an seine Jahresbestleistung von 69,91 m heranzukommen.

Schließlich könne er sich auf "Rudolph", seinen "7-PS-Arm verlassen. Den Wert haben Biomechaniker ermittelt. Außerdem bin ich ein Wettkampftyp. Stachelt mich die Konkurrenz an, bin ich zum Konter bereit."

Auch Martin Wierig (Magdeburg) traut Harting in Moskau den großen Wurf und den Sprung auf das Treppchen zu. Doch ganz besonders freut er sich auf den gemeinsamen Auftritt mit seinem kleinen Bruder Christoph (23): "Das ist ein gutes Gefühl. Es wird ihm hoffentlich die nötige Sicherheit geben, dass auch sein großer Bruder dabei ist."

"Big Harting" will selber noch lange dabei bleiben. "Wenn der Körper mitspielt, ist Olympia 2016 in Rio locker drin und die EM 2018, die hoffentlich Berlin bekommt, ein schöner runder Abschluss", sagt Harting. Bis dahin wird er noch oft mit "Rudolph" reden, um alle Titel zu behalten.

(sid)
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