Leichtathletik-WM Vetter wird Weltmeister im Speerwurf — Röhler Vierter

London · Johannes Vetter heulte schon vor seinem letzten Wurf vor Freude, Sekunden später sank der neue Weltmeister überglücklich zu Boden: Der deutsche Speer-Rekordhalter hat bei der Leichtathletik-WM in London triumphiert und das erste Gold für das DLV-Team geholt.

Leichtathletik-WM: Johannes Vetter kommen nach WM-Titel die Tränen
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Vetter kommen nach WM-Titel die Tränen

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Foto: rtr, tj

Für Thomas Röhler platzte hingegen der Medaillen-Traum - der Olympiasieger wurde nur Vierter.

Der Offenburger Vetter siegte am vorletzten Tag der Titelkämpfe mit bereits im ersten Versuch erzielten 89,89 m. In einem hochklassigen Wettbewerb verwies der 24-Jährige den starken starken Tschechen Jakub Vadljech (89,73) knapp auf Platz zwei.

Dessen Landsmann Petr Frydrych verbesserte sich im letzten Durchgang auf 88,32 m und schnappte damit Röhler (Jena/88,26) Bronze weg. Andreas Hofmann (Mannheim/83,89), hinter Vetter und Röhler als Nummer drei der Welt angetreten, war im Kampf um eine Medaille ohne Chance.

Röhler freut sich fair für den Weltmeister

"Wir haben einen schönen Abend für Deutschland erlebt, auch wenn es für mich unglücklich gelaufen ist", sagte Röhler im ZDF: "Ich freue mich für Johannes. Es ist nur fair, wenn der Konstanteste der letzten Wochen gewonnen hat."

Vetter ist der dritte deutsche Speerwurf-Weltmeister. Bei der Premiere 1983 hatte DDR-Athlet Detlef Michel triumphiert, 2011 holte überraschend Matthias de Zordo Gold. Aus dem ersten Doppelerfolg zweier deutscher Leichtathleten bei Weltmeisterschaften seit 18 Jahren wurde in London nichts. 1999 in Sevilla hatte Kugelstoßerin Astrid Kumbernuss vor Nadine Kleinert triumphiert.

"Wieder gleich im ersten Versuch einen rauszuhauen", hatte sich Vetter nach seinen grandiosen 91,20 m in der Qualifikation, einem Rekord für WM-Vorentscheidungen, vorgenommen. Das gelang ihm dann auch mit der späteren Siegesweite, die Medaille hatte Vetter nach dem ersten Wurf praktisch schon sicher. Röhler konterte mit 87,08 m im ersten Durchgang und schob sich auf Platz zwei, den er kurz darauf an Vadljech verlor.

Nachdem der Tscheche Vetters Marke nur um 16 Zentimeter verfehlt hatte, verbesserte sich Röhler auf 88,26 m - im letzten Durchgang packte dann Frydrych sechs Zentimeter drauf und ließ den Olympiasieger leer ausgehen.

Röhler hingegen, in der Quali noch mit angezogener Handbremse unterwegs, hatte im Finale auf seine Nervenstärke gesetzt. Bei Olympia in Rio war ihm der entscheidende Wurf erst im vorletzten Durchgang gelungen, als er mit 90,30 m den lange führenden Yego (88,24) noch abgefing. Damals war Vetter unglücklicher Vierter geworden. Diesmal gelang Röhler aber kein Comeback.

Die nacholympische Saison hatte zunächst Röhler dominiert und Anfang Mai in Doha den mehr als zwei Jahrtzehnte alten deutschen Rekord von Raymond Hecht um mehr als einen Meter auf 93,90 m geschraubt. Danach steigerte sich Vetter aber beinahe wöchentlich und überflügelte Röhler.

Bei der DM Anfang Juli sicherte sich der Offenburger vor der etatmäßigen Nummer eins den Titel und zwei Tage später mit in Luzern geworfenen 94,44 m Röhlers Rekord - nur der große Tscheche Jan Zelezny, dessen Weltrekord bei 98,48 m steht, warf jemals weiter.

Vetter, Röhler und auch Hofmann - die drei Deutschen eint das Prädikat Weltklasse, ansonsten sind sie sportliche Gegensätze. Röhler fasste das nach der Qualifikation wie folgt zusammen: "Andreas ist mehr der Überraschungs-Kandidat, der Mächtige, der aus wenig Anlauf sehr, sehr viel machen kann. Jojo ist der 100-Prozent-Werfer, der All-in-Typ. Und ich bin der Präzise, der mit dem Speer am meisten spielt."

(areh/sid)
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