Doping-Vorwürfe Coe bezeichnet Anschuldigungen als "Kriegserklärung"

Der Leichtathletik-Weltverband wehrt sich weiter gegen die jüngsten Doping-Enthüllungen der ARD und der "Sunday Times". Nun meldete sich auch IAAF-Vize Sebastian Coe mit scharfen Attacken zu Wort. Der Ton wird immer rauer. Den Vorwürfen an sich weicht der Verband aber aus.

Sebastian Coe hat die Doping-Vorwürfe an die Leichtathletik entschieden zurückgewiesen.

Sebastian Coe hat die Doping-Vorwürfe an die Leichtathletik entschieden zurückgewiesen.

Foto: AFP

Der stellvertretende IAAF-Chef Sebastian Coe hat mit scharfen Angriffen auf die jüngsten Doping-Enthüllungen in der Leichtathletik reagiert. Der frühere Weltklasse-Läufer nannte die Recherchen der ARD und der britischen Zeitung "Sunday Times" eine "Kriegserklärung an meinen Sport. Es gibt nichts in der Geschichte und Integrität unseres Anti-Doping-Kampfes, das solch eine Attacke rechtfertigt. Wir sollten uns davor nicht wegducken. Wir sollten herausgehen und kämpfen", sagte Coe in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur AP.

Die Aussagen des Briten schließen direkt an die offizielle Stellungnahme des Leichtathletik-Weltverbandes vom Dienstagabend an. Der Ton wird dabei immer schärfer. Auf die konkreten Vorwürfe der ARD und der britischen Zeitung "Sunday Times" gehen die IAAF und ihr Vizepräsident dagegen kaum ein. Beobachter werten die Attacken des 58-Jährigen als strategische Aussagen mit Blick auf den Kongress des Verbandes Ende August in Peking. Dort will Coe zum Nachfolger des umstrittenen IAAF-Präsidenten Lamine Diack (Senegal) gewählt werden.

ARD und "Sunday Times" waren bei ihren Recherchen an eine Datenbank der IAAF herangekommen und hatten daraufhin 12.000 Bluttests von rund 5000 Läufern auswerten lassen. Das Ergebnis: Bei jedem dritten Medaillengewinner, der von 2001 bis 2012 bei Olympischen Spielen und Weltmeisterschaften auf dem Siegerpodest einer der Ausdauer-Disziplinen von 800 Meter bis zum Marathon gestanden hat, wurden dopingverdächtige Blutwerte festgestellt. Konkret handelt es sich dabei um 146 Medaillengewinner - 55 von ihnen holten Gold.

Namen wurden in der Dokumentation "Geheimsache Doping: Im Schattenreich der Leichtathletik" nicht genannt. Aber die Erkenntnisse waren für die Sportwelt erschütternd genug: So sollen die meisten der belasteten Läufer nie belangt worden sein. Außerdem zeigen die Recherchen, wie leicht der von der IAAF zum Hauptinstrument ihres Anti-Doping-Kampfes erklärte biologische Blutpass von den Athleten unterlaufen werden kann.

Dazu äußerte sich Coe in dem Interview nicht. Aber auch der Organisationschef der Olympischen Spiele 2012 in London betonte noch einmal: Anhand der ausgewerteten Bluttests könne kein Doping-Missbrauch bewiesen werden. Die Nutzung dieser Datenbank zeige "entweder eine haarsträubende Ahnungslosigkeit oder ein hohes Maß an Bösartigkeit" aufseiten der Journalisten. "Die rein selektive Auswertung dieser sogenannten Informationen ist einfach falsch."

Die IAAF hatte die Doping-Enthüllungen bereits in ihrer offiziellen Stellungnahme vom Dienstag als "sensationslüstern und konfus" zurückgewiesen. Auch Coe gebrauchte nun den Begriff "Sensationalisierung". Die Berichte seien der Versuch, "die Reputation der Athleten und unseres Sports zu zerstören. Den Eindruck, dass mein Sport entweder Betrug decken würde oder unfähig sei, ihn zu verfolgen, können wir nicht stehen lassen."

Die beiden maßgeblichen Wissenschaftler dagegen haben ihre Arbeit am Mittwoch gegen die Vorwürfe der IAAF verteidigt. "Wir stehen zu unseren Untersuchungen, die wir der ARD und der Sunday Times vorgelegt haben", erklärten die Anti-Doping-Experten Michael Ashenden and Robin Parisotto in einer Stellungnahme. "Die Datenbank ist verlässlich. Die IAAF selbst hat auf ihrer Grundlage schon Athleten sanktioniert." Der WDR betonte zudem, dass die Dokumentation "selbstverständlich kein Angriff auf den Sport oder auf eine bestimmte Disziplin" sei. Die ARD bleibe ihrer Darstellung.

Auch die britische Zeitung erklärte am Mittwoch, hinter ihrer Story zu stehen. Die Erklärung der IAAF bezeichnete sie als "unaufrichtig".

(dpa)
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