Berlin Kongress: Polizei geht auf die Fans zu

Berlin · Rund 700 Teilnehmer fuhren zur Fan-Tagung nach Berlin. Ein Brief des NRW-Innenministers sorgte für Empörung bei den Anhängern. Die Berliner Polizei machte durchaus versöhnliche Angebote, scheiterte damit jedoch.

Mit seinem Brief lieferte Ralf Jäger zentralen Gesprächsstoff für die Fans. Für den Fankongress von über 80 Vereinen am Wochenende in Berlin hatte der NRW-Innenminister aus Termingründen kurzfristig abgesagt. Bei den Teilnehmern stieß er damit auf wenig Verständnis, hatte der SPD-Politiker doch immer wieder den Dialog zwischen Politik, Polizei und den Fans gefordert.

Mehr als 700 Fußballanhänger reisten auf Einladung der Fanverbände "Pro Fans" und "Unsere Kurve" nach Berlin, um dort im ehemaligen Kino "Kosmos" zu diskutieren, wie sie sich den Fußball und ein "fanfreundliches Stadionerlebnis" vorstellen. Dabei ging es um Themen wie Vereinsstrukturen und Mitspracherechte, aber auch um das Verhältnis zur Polizei.

Fans als Sicherheitsrisiko sollten bei dem Kongress eigentlich kein Thema sein, der Brief des Innenministers setzte es dann doch auf die Tagesordnung. Die Absage Jägers war für die Kongressteilnehmer dabei nur das kleinere Übel. Es waren die Formulierungen, durch die sie sich provoziert fühlten. "Straftäter reisen quer durch Deutschland, provozieren auf dem Weg zum Stadion Krawalle und Ausschreitungen", schrieb Jäger beispielsweise. "Man hat den Eindruck, der Kongress wird nicht ernst genommen", kommentierte Jakob Falk von "Pro Fans".

Seinen Kollegen Sig Zelt, ebenfalls von "Pro Fans", empörte das Schreiben noch mehr. "Diese Worte, die er an uns richtet, sind eine Kampfansage", sagte er. Der Innenminister setze damit Fans mit Intensivtätern gleich, dabei sei Differenzierung eines der wichtigen Themen des zweitägigen Kongresses.

Vor der Podiumsdiskussion zum Verhältnis zwischen Fans und Polizei lobte Hans-Ulrich Hauck von der Polizeidirektion Berlin das Engagement der Fans. "Ihre Einladung ist positiv, denn wer einlädt, hat ein Verhältnis, wer nicht einlädt, hat keines", sagte er. Später bot er den Fans an, sich an der Nachbereitung von Polizeieinsätzen im Berliner Olympiastadion zu beteiligen. Er räumte außerdem ein, in anderen Städten "durchaus negatives" Verhalten seiner Kollegen beobachtet zu haben.

Christian Bieberstein, der als Fanvertreter von "Unsere Kurve" auf dem Podium saß, lehnte Haucks Versöhnungsangebot ab. "Einen Dialog kann es nur geben, wenn es Vertrauen gibt. Ein Vertrauen gibt es nicht", sagte der Anhänger des Hamburger SV und bekam für diese Aussage viel Beifall aus dem Publikum.

Bernd Heinen, Vorsitzender des Nationalen Ausschusses für Sport und Sicherheit, kritisierte den Bundesvorsitzenden der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt. "Man muss sich mal ansehen, wie viele Personen Herr Wendt wirklich vertritt", sagte er.

Der Soziologe Albert Scherr kritisierte die Außendarstellung der Polizei. Auch ein Kongressteilnehmer aus England zeigte sich irritiert über die oft vermummten deutschen Polizisten. In England seien Polizisten immer gut erkennbar und trügen im Stadion ihre ganz normale Uniform. Hauck zeigte sich auch hier selbstkritisch. Polizisten in "Vollvermummung" wolle auch er nicht.

(RP)
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