Kolumne Gegenpressing Alle reden über Fußball – wir auch

Düsseldorf · In Aachen wird geritten, in Hockenheim jagt die Formel 1 durchs Motodrom, in Frankreich ist Tour de France. Trotzdem sprechen wir über Fußball. Es geht nicht anders.

 Bundestrainer Joachim Löw analysiert zurzeit, was bei der WM schief gelaufen ist

Bundestrainer Joachim Löw analysiert zurzeit, was bei der WM schief gelaufen ist

Foto: dpa/Boris Roessler

Seit einer Woche ist die Weltmeisterschaft vorbei. Und worüber reden wir? Über die WM natürlich. Über die fußballerischen Trends zum Beispiel. Dabei wird wortreich festgestellt, dass es keine fußballerischen Trends gegeben hat, weil es die nie gibt, schließlich geht es um Ergebnisse. Aber über die muss auch geredet werden.

Dann ist man schnell bei den Franzosen, die haben ja die besten Ergebnisse geliefert. Das findet so mancher bedauerlich, der dem Weltmeister zynischen Italiener-Fußball der 1970er Jahre unterstellt. Und dann wird über die bedauerlichen Vorzüge einer funktionierenden Defensive gestritten. Irgendjemand entdeckt, dass Frankreichs Trainer Didier De­schamps seine Grundausbildung bei den Abwehr-Fetischisten von Juventus Turin erfuhr, und da schüttelt es dann die Ästheten. Bittere Tränen werden vergossen, mit erstickter Stimme flüstert einer den Namen Pelé. Ein anderer sagt Cruyff, wieder ein anderer Beckenbauer. Irgendwann fallen sie sich weinend in die Arme.

Beim Weinen wird die deutsche Mannschaft ein Thema. Die finden nämlich alle traurig. Der deutsche Fußballfan kann darüber sehr böse werden, dass er ausnahmsweise mal nicht als Weltmeister in den Urlaub fahren darf. Selbstverständlich werden an der Stelle noch immer personelle Konsequenzen gefordert. Kein Fußball-Stammtisch und kein Gespräch über den Gartenzaun ohne bittere Rauswurf-Forderungen. Mal an die Adresse des Bundes-Jogi, mal an die Adresse des smarten Managers Bierhoff, mal an die Adresse des DFB-Präsidenten Grindel, mal an die Adresse von Özil und so weiter. Erst wenn einer verlangt, den ganzen Laden zu schließen, ist Ruhe.

Aber nur vorübergehend. Denn es gibt ja auch Verbesserungsvorschläge. Kämpfen müssen unsere Jungs wieder, ist der eine. Weniger Hochglanzbildchen machen lassen, ist der andere. Und ein Beispiel sollten sie sich an anderen Sportlern nehmen, denen, die nicht so viel Geld verdienen.

Die werden immer wieder gern hergenommen, wenn einem der Fußball nicht gefällt. Aber wenn die Fernbedienung die Wahl lässt, landet der Finger doch wieder mit großer Zuverlässigkeit auf dem Knopf, der Fußball verheißt. Die Einschaltquoten beweisen das.

Anschließend wird über Testspiele von Bayern München und Borussia Dortmund in den USA gefachsimpelt. Und wenn noch Zeit ist, wird der Niedergang des Fußballs bejammert. Ausgiebig, denn dafür ist immer Zeit.

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