New York Kohlschreiber schafft Sprung ins Achtelfinale

New York · Der Augsburger steht in New York nach einem Sieg über John Isner mal wieder im Achtelfinale. Dort wartet heute Novak Djokovic.

Philipp Kohlschreiber hat sich an den Frust gewöhnt. Er hat so etwas wie eine Toleranz aufgebaut, trottet von rechts nach links und wieder zurück. Kohlschreiber kennt das Gefühl, wenn in Flushing Meadows die Tennisbälle wie Geschosse neben ihm einschlagen. Er erlebt es immer wieder, von Jahr zu Jahr.

Bei den US Open in New York steht Kohlschreiber als einziger deutscher Tennisspieler in der zweiten Turnierwoche. In der dritten Runde überstand er das Aufschlag-Gewitter des 2,08-m-Riesen John Isner. So wie im Jahr 2012. So wie im Jahr 2013. Im dritten Teil der Kohlschreiber-Isner-Saga hagelte es 42 Asse, doch der Augsburger hielt dem Dauerdruck stand.

"Körperlich geht's mir gut, aber geistig war das unheimlich anstrengend", sagte Kohlschreiber nach dem Dreistunden-Krimi, den er dank einer mentalen Glanzleistung ohne ein eigenes Break mit 7:6 (7:4), 4:6, 7:6 (7:2) und 7:6 (7:4) für sich entschied. Bis heute sollte sich der 30-Jährige vom Duell mit dem besten Amerikaner der Gegenwart erholt haben, immerhin wartet im Achtelfinale eine noch größere Herausforderung. Kohlschreiber trifft auf Novak Djokovic, den Ausnahmespieler aus Serbien.

In den vergangenen Jahren hatte er nach den Erfolgen über Isner stets verloren - erst gegen Janko Tipsarevic, einen weiteren Serben, dann gegen den Spanier Rafael Nadal, einen weiteren Ausnahmespieler. Es wäre keine Überraschung, wenn sich Kohlschreibers US-Open-Deja-vu fortsetzt, immerhin ist Djokovic bei seinen drei bisherigen Erfolgen kaum ins Schwitzen gekommen, so überlegen spielte der Weltranglistenerste. Doch Kohlschreiber fühlt sich gerüstet für die derzeit größte aller Aufgaben. "Ich brauche mich nicht zu verstecken", sagte die Nummer 25.

Selbstvertrauen und Frustrationstoleranz bringt Kohlschreiber aus dem Isner-Match mit. Beides wird er gegen Djokovic brauchen, hadert er mit sich oder seinen vergebenen Chancen, ist das Spiel schon verloren. "Er hat keine Schwäche", sagt Kohlschreiber: "Wenn er top drauf ist, wird es schwierig. Ich brauche Hilfe von ihm."

In der Woche vor den US Open hat der ehemalige Davis-Cup-Spieler bereits Hilfe aus dem Team Djokovic erhalten - und zwar von prominentester Stelle. In Jersey, auf der anderen Seite des Hudson River, trainierte Kohlschreiber mit Djokovic und suchte dabei das Gespräch mit dessen Chef-Coach Boris Becker. "Da ist ein toller Kontakt entstanden", erzählte Kohlschreiber: "Boris hat etwas Spezielles, wie er Tennis denkt, ist interessant." Er selbst sei einfach froh, ein paar Krümelchen von diesem Kuchen abzubekommen, sagte Kohlschreiber.

Geheimnisse hat Kohlschreiber bei den Einheiten nicht entdeckt: "Er kennt mich, ich kenne ihn. Da gibt es keine Überraschungen." Fünfmal haben sie schon gegeneinander gespielt, einmal, bei den French Open 2009, verließ Kohlschreiber den Platz als Sieger.

(sid)
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