Rodeln: Deutsche Seriensiege ärgern die Konkurrenz Keine Chancengleichheit wegen mangelnder Trainingsmöglichkeiten

St. Moritz (sid). Die Seriensiege der deutschen Rennrodler sorgen bei der Konkurrenz für Ärger. "Es besteht keine Chancengleichheit. Wir haben vor dieser Saison bei allen deutschen Bahnen wegen Trainingsmöglichkeiten angefragt und überall die Rote Karte erhalten", schimpft der österreichische Coach Karl Rief vor den am Freitag beginnenden Weltmeisterschaften in St. Moritz. "Das ist so, als wenn wir in Österreich für die ausländischen Alpinen alle Gletscher sperren würden. Wir bieten den deutschen Abfahrern doch auch unsere Hilfe an."

Bei einem Krisengipfel der Teamführer wurde das Bahnen-Problem bereits an den Rodel-Weltverband FIL herangetragen. Österreichs Spitzenfahrer Markus Prock gibt sich noch moderat und appelliert an das Fairplay: "Wir müssen wieder lernen, als Partner miteinander umzugehen." Der Teamweltmeister von 1999 und FIL-Athletensprecher meint: "Eine buntere Mischung auf dem Podest ist doch nötig, sonst wird es für Zuschauer und Sponsoren langweilig. Wir brauchen frisches Blut. Es ist nicht gut, dass überhaupt nur Deutsche oder gerade so noch Italiener und Österreicher vorn sein können."

Der ehemalige Alpine Stefan Krauss, Technischer Leiter im Deutschen Bob- und Schlittensport-Verband (DBSV), weist die Vorwürfe zurück und rechtfertigt die deutsche Haltung so: "Im Oktober lassen wir keine anderen Nationen auf die Bahnen. Wir vereisen diese für viel Geld und wollen unseren Spitzenfahrern und dem Nachwuchs optimale Bedingungen schaffen."

Von dem Streit will sich Bundestrainer Thomas Schwab vor den Titelkämpfen im Schweizer Nobelort nicht beeinflussen lassen. "Ich bin nur für die Leistung meiner Sportler verantwortlich, und wir wollen das Optimale herausholen", sagt Schwab: "Ich kann und will die Favoritenrolle für meine Athleten nicht leugnen. Aber vor zwölf Monaten in Königssee haben wir auch nur zwei von vier möglichen Goldmedaillen gewonnen. Ein totaler Triumph in St. Moritz ist daher überhaupt keine Selbstverständlichkeit."

Bei allem Understatement haben die deutschen Asse alle vier möglichen Goldmedaillen fest im Visier. Sylke Otto (Oberwiesenthal) und Patric Leitner/Alexander Resch (Königssee) haben die Saison bislang dominiert, im Team ist Gold ebenfalls programmiert.

Die deutsche Gold-Rechnung scheint tatsächlich lediglich bei den Herren in Gefahr. Titelverteidiger Armin Zöggeler (Italien), beim Weltcup in Innsbruck-Igls nach fünf Saisonsiegen erstmals als Elfter geschlagen, sowie Markus Prock sind für Europameister Jens Müller (Oberhof) und den dreimaligen Olympiasieger Hackl die starken Rivalen. Routinier Hackl, schon bei der letzten WM umgekippt, zeigte sich am Sonntag trotz seines bösen Sturzes im "Challenge Cup" in Igls und eines lädierten Gerätes als Weltcup-Zweiter hinter Müller zur rechten Zeit in Bestform.

"Nach dieser tollen Saison wäre alles andere als der WM-Titel eine Enttäuschung", stellt Europameisterin Silke Otto ihre Ansprüche klar. Die 30-Jährige hob sich mit vier Weltcup-Erfolgen noch von ihren Teamkolleginnen um Weltmeisterin Sonja Wiedemann (Hausham) ab.

Die deutschen Damen und die Doppelsitzer, hier mussten die Welt- und Europameister Leitner/Resch lediglich die Winterberger Steffen Skel/Steffen Wöller fürchten, sind in diesem Winter noch ungeschlagen. Bei den Damen gelang bei sechs Weltcup-Rennen nur in Sigulda kein deutscher Dreifach-Erfolg.

Das deutsche Aufgebot, Damen: Gabriele Bender, Barbara Niedernhuber (beide Königssee), Silke Kraushaar (Oberhof), Sylke Otto (Oberwiesenthal), Sonja Wiedemann (Hausham); Herren: Karsten Albert, Jens Müller (beide Oberhof), Denis Geppert (Oberwiesenthal), Georg Hackl (Berchtesgaden); Doppelsitzer: Patric Leitner/Alexander Resch (Königssee), Steffen Skel/Steffen Wöller (Winterberg), Maik Sachse/Nico Zink (Oberhof), Sebastian Schmidt/Andre Forker (Altenberg)

Der Zeitplan, Freitag: Teamwettbewerb (11.30 Uhr); Samstag: Damen (10.30 Uhr) und Doppelsitzer (15.00 Uhr); Sonntag: Herren (10.45 Uhr)

(RPO Archiv)
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