Tennis: Masters-Turnier in Lissabon Jung gegen Alt und Kritik an "destruktivem" Boris Becker

Lissabon (dpa). Die jungen Wilden wollen dem Tennis-Establishment das Fürchten lehren. In Lissabon soll bei der Weltmeisterschaft in dieser Woche die Vorherrschaft der alten Hasen um den fünffachen Weltmeister Pete Sampras (29) oder seinen amerikanischen Landsmann Andre Agassi (30) gebrochen werden und der Weg in die Zukunft des weißen Sports gewiesen werden. Ob Australiens Teenieschwarm Lleyton Hewitt (19) oder der Aufsteiger des Jahres Marat Safin (20) - die Youngster drängen nach vorn und die Stars aus dem letzten Jahrhundert von der Spitze. Das Feld in der portugisieschen Hauptstadt komplettieren French-Open-Finalist Magnus Norman (Schweden/24) und Paris-Champion Gustavo Kuerten (Brasilien/24) sowie Stockholm- Finalist Jewgeni Kafelnikow (Russland/26) und der 98er Weltmeister Alex Corretja (Spanien/26).

In der Weltrangliste lösen sich die Safins, Kuertens und Normans bereits seit Wochen als Nummer eins ab. "Die Rangliste interessiert mich nicht mehr", sagt Pete Sampras. Der Superstar zählt längst zu den "Opas" der Szene. Sechs Mal stand er am Ende der Saison auf Platz eins der Computer-Rangliste - mehr als jeder andere Profi. Auch in diesem Jahr, wo die Weltrangliste erstmals vom Punkt null im Januar kontinuierlich über das Jahr geführt wurde, wäre die momentane Nummer drei gerne wieder der Branchenprimus.

Doch alte Meriten zählen nicht. Auch das grandiose Vorjahresfinale gegen den chancenlosen Agassi in der "kochenden" Expo-Halle in Hannover ist nur noch Erinnerung. Nur theoretisch ist Sampras' Chance, die Nummer eins am kommenden Sonntag zu sein. Dazu müsste er seine drei Gruppenspiele ungeschlagen überstehen und zum sechsten Mal Weltmeister werden. Aber nicht einmal das reicht: Der mit 784 Zählern führende Safin dürfte kein einziges Spiel gewinnen.

Wachwechsel

US-Open-Sieger Safin steht für die neue Zeitrechnung des Herren- Tennis. Als einziger gewann er zwei der neun Turniere der Masters- Serie. Auch auf dem Greenset-Hartplatz in der 11 000 Zuschauer fassenden Arena auf dem ehemaligen Expo-Gelände in Lissabon gilt er als einer der aussichtsreichsten Spieler. 3,7 Millionen Dollar werden an Preisgeld ausgeschüttet, von denen der ungeschlagene Sieger allein 1,52 Millionen Dollar einstreichen kann. Gespielt wird in zwei Gruppen von Dienstag bis Freitag jeweils von 17.00 Uhr MEZ an. Die Halbfinals beginnen am Samstag um 16.30 Uhr MEZ genau wie das Finale am Sonntag, das in drei Gewinnsätzen entschieden wird.

Viel Geld investiert die ATP auch in ihre Imagekampagne. "New Balls please" heißt das zwei Millionen Dollar teure Projekt. Gemeint sind allerdings weniger die neuen (größeren) Bälle als vielmehr die neuen Gesichter, zu denen auch die für die WM nicht qualifizierten Nicolas Kiefer und Thomas Haas zählen.

"Im Moment findet ein Wachwechsel statt - auch mit Spielern wie Kiefer und Haas", erklärt Larry Scott, der zweite Mann der ATP hinter Tour-Chef Mark Miles. Liebend gern hätte die Spielergewerkschaft auch einen "Ehemaligen" wie Boris Becker ins Boot geholt. Doch der favorisierte vor zwei Jahren einen anderen Weg und wollte mit einer Agentur eine Konkurrenz-Tour gründen. Generell würde die ATP ehemalige Spieler mit offene Armen empfangen. Aber nicht, so Scott, "wenn sie destruktiv sind - und damit meine ich Becker".

(RPO Archiv)
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