Düsseldorf Judoka blicken voller Selbstvertrauen auf Rio 2016

Düsseldorf · Im nächsten Monat verhandelt der Verband über die Zuschüsse aus dem Bundeshaushalt.

Detlef Ultsch erschrak, als er den Brief öffnete. Er war zu schnell gefahren. Doch nicht der Geldbetrag, den er überweisen musste, machte ihm zu schaffen, sondern das Foto, das der Blitzer gemacht hatte. Ultsch sah einen ausgezehrten und völlig erschöpften Mann. Ultsch, 57, sah sich selbst.

"Ich war dem Burn-out nahe", gestand der Bundestrainer der Judokämpfer. Die permanente Anspannung, das gleichzeitige Papa-Psychologe-Trainer-Fahrer-Kassierer- Sekretär-Sein trieb ihn in den Monaten vor den Olympischen Spielen in London bis an den Zusammenbruch. In den wenigen Stunden Schlaf, die er sich täglich gönnte, biss er die Zähne fest aufeinander.

Doch Detlef Ultsch hat neue Kraft geschöpft, wie er im Vorfeld des Judo-Grand Prix, der heute und morgen (jeweils ab 9.30 Uhr) in der Düsseldorfer Mitsubishi-Electric-Halle stattfindet, sagte. Er vermittelt seinen Athleten wieder Ziele und Visionen. Schon jetzt, dreieinhalb Jahre vor den Spielen, haben sie Olympia 2016 in Rio de Janeiro im Blick. Das hochkarätig besetzte Turnier mit Sportlern aus 50 Nationen bietet eine Standortbestimmung.

In London holten die deutschen Judoka vier Medaillen und erfüllten damit als eine der wenigen Sparten fast die mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) geschlossene Zielvereinbarung. Zwei der vier Medaillen hätten laut Vorgabe allerdings golden sein sollen. Der für die Männer zuständige Ultsch und der für die Frauen verantwortliche Michael Bazynski möchten in Rio die Zahl der Medaillen von London bestätigen und dabei den einen oder anderen Sieg erringen.

Um die Ziele für Rio geht es, wenn Peter Frese, der Präsident des Deutschen Judo-Bundes, am 13. März in Frankfurt am Main vorspricht. Der Wuppertaler muss beim DOSB über die Zielvereinbarungen für 2016 verhandeln. Er geht selbstbewusst in die Gesprächsrunden: "Denn ich weiß, was unsere Trainer und Athleten leisten können."

In Frankfurt geht es um Geld aus dem Topf des Bundesinnenministeriums. Bei einer Größenordnung von 1,5 Millionen Euro lagen die Zuwendungen bislang. Allein um die Qualität zu halten, bräuchte der Verband rund 200 000 mehr, schätzt Frese. Er weiß um die beschränkten Mittel des Bundes. Er weiß aber auch um höhere Kosten für Flüge und Hotelübernachtungen, die den Haushalt des Verbandes DJB belasten. Judo auf Weltniveau ist eine reiseintensive Angelegenheit.

Die Athleten müssen zu Trainingslagern in den Fernen Osten, nach Russland und Brasilien reisen, um sich mit den Besten auf die Matte zu begeben. Wer Medaillen gewinnen will, muss sich ständig mit den Topleuten messen, sich mit ihren Stilarten und technischen Spezialitäten hautnah auseinandersetzen. Dimitri Peters (Rotenburg) zum Beispiel, in London Bronzemedaillengewinner, hat im Wettkampf Probleme mit Linkshändern aus Japan. Deshalb sucht er entsprechende Gegner zum Training auf.

Die Zielvereinbarungen waren im Sommer ein großes Thema, weil sie erst auf gerichtliche Anordnung öffentlich wurden und als sich zeigte, dass zwischen Wunsch (28 Siege/insgesamt 86 Medaillen) und Wirklichkeit (11/44) eine große Lücke klaffte. Vor London musste jeder Verband beim DOSB angeben, wie viele und welche Medaillen er zu holen gedenkt. Künftig wird nur noch die Anzahl der Medaillen insgesamt, nicht aber die Farbe vereinbart. Bernhard Schwank, Leistungssportdirektor beim DOSB, kündigte im Sportausschuss des Bundestags jetzt an, nur die Kernfakten der Zielvereinbarung zu veröffentlichen, nicht aber die genauen Abmachungen.

(RP)
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