Leichtathletik Holzdeppe träumt vom Sechs-Meter-Sprung

Düsseldorf · Der 24-jährige Stabhochspringer hat sich für die anstehende Saison viel vorgenommen. Gestern trat er in Düsseldorf an – und enttäuschte.

Leichtathletik-WM 2013: Holzdeppe bekommt seine Goldmedaille
10 Bilder

Leichtathletik-WM 2013: Holzdeppe bekommt seine Goldmedaille

10 Bilder
Foto: dpa, Michael Kappeler

Der 24-jährige Stabhochspringer hat sich für die anstehende Saison viel vorgenommen. Gestern trat er in Düsseldorf an — und enttäuschte.

Auf dem Video auf Facebook sieht alles nach Urlaub aus. Raphael Holzdeppe lehnt — Oberkörper frei, eine Dose Cola in der Hand — an der Brüstung einer Terrasse im Grünen, Trainer Chauncey Johnson planscht daneben mit den Füßen in einem Pool. "Was man halt so macht an einem freien Tag im Trainingslager" hat Holzdeppe über den Eintrag geschrieben.

Entspannungsmomente wie diese waren allerdings Mangelware im südafrikanischen Stellenbosch. Drei Wochen lang bereitete sich Holzdeppe mit Trainer Johnson, den Stabhochsprung-Kollegen Malte Mohr (TV Wattenscheid) und Fabian Schulze (LG München) und Sprinter Marius Broening (LAV Stadtwerke Tübingen) intensiv auf die neue Leichtathletik-Saison vor.

Das ist Raphael Holzdeppe
13 Bilder

Das ist Raphael Holzdeppe

13 Bilder
Foto: dpa, Kerim Okten

Beim Hallen-Meeting in Düsseldorf bestritt Holzdeppe gestern seinen ersten Wettkampf. Zuvor hatte ihn eine Erkältung erwischt — möglicherweise war sie mit verantwortlich dafür, dass er bereits an der Anfangshöhe von 5,20 Meter scheiterte. Sein Kollege Björn Otto versuchte sich gar nicht erst daran: Der Mann vom ASV Köln hatte sich beim Aufwärmen verletzt. Den Sieg in Düsseldorf holte sich Mohr mit übersprungenen 5,65 Metern.

Für die Saison hat sich der Wahl-Münchener, der aber weiter für das LAZ Zweibrücken startet, dennoch ehrgeizige Ziele gesteckt: Holzdeppe will endlich die magische Marke von sechs Metern schaffen. Das brachten bisher nur rund 20 Springer weltweit zustande, drei von ihnen sind Deutsche — sie heißen Tim Lobinger (1999), Danny Ecker (2001) und Björn Otto (2012).

Holzdeppes persönliche Bestleistung im Freien liegt bei 5,91 Meter. "Ich habe noch nicht alles ausgereizt. Es kann noch höher gehen für mich", sagte er im Interview mit der "Welt". Das Trainingslager, in dem er mit den Teamkollegen auch Weihnachten feierte, sei zumindest schon mal "gut verlaufen".

Am Stabhochsprung fasziniert den Weltmeister von Moskau 2013 vor allem die Komplexität des Sports. Viele Bewegungen müssen gleichzeitig koordiniert werden, die Springer müssen schnell, beweglich und kräftig sein. Und sie müssen das Risiko mögen. Holzdeppe, der schnelle Motorräder und rasante Ski-Abfahrten liebt, scheint dafür prädestiniert. "Du musst ein bisschen verrückt sein, um Stabhochsprung machen zu können", sagte er einmal. Um den Hals trägt er eine Kette mit einem Stabhochspringer dieser Glücksbringer soll ihn bei waghalsigen Aktionen beschützen.

Was Holzdeppe von anderen Springern unterscheidet, ist sein schneller Anlauf. Mit 1,81 Meter Körpergröße und rund 80 Kilo Gewicht ist er im Vergleich zu seinem auch körperlich großen Vorbild Tim Lobinger (1,93 Meter) eher schmächtig und muss den Kraftnachteil durch Schnelligkeit ausgleichen. Beim Anlauf schafft der Bayern-München-Fan Geschwindigkeiten von bis zu 35 Kilometern pro Stunde. Zum Vergleich: Sprint-Weltrekordler Usain Bolt läuft rund 37,5 Kilometer pro Stunde.

Rund 12 000 Fans folgen dem Sportsoldaten mittlerweile auf Facebook, bei Twitter sind es noch mal rund 1700, und 2013 wählten ihn die Leser der Zeitschrift "Leichtathletik" zum Leichtathleten des Jahres. Was Holzdeppe so beliebt macht, ist seine Kontaktfreudigkeit. Wenige Sportler posten so viel in den sozialen Netzwerken. Er lädt Bilder hoch aus dem Ski-Urlaub, von Motorradtouren oder eben kleine Videos aus seiner Freizeit im Trainingslager. Zudem ist er sich für keinen Scherz zu schade, trat beispielsweise bei Stefan Raabs "TV-total-Turmspringen" gemeinsam mit Otto an.

Über ein Thema redet Holzdeppe auch mit seinen Fans allerdings äußerst ungern: seine afrikanischen Wurzeln. Fragen von Journalisten zu seinen leiblichen Eltern, die er nie kennengelernt hat, lehnt er freundlich, aber bestimmt ab. Nicht, weil es ihm unangenehm ist, sondern weil für ihn das Thema Hautfarbe einfach überflüssig zu sein scheint. "Über die Leistung ist jeder gleichgestellt — egal, wo er herkommt", sagte Holzdeppe in der "Welt".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort