WM durch die Hintertür Wildcard rettet nach Handball-Männern auch die Frauen

Per Wildcard zur WM: Die deutschen Handballerinnen dürfen trotz der sportlich verpassten Qualifikation an der Weltmeisterschaft im Dezember in Dänemark teilnehmen. Damit betreten Kapitänin Isabell Klein und Co. die große Handball-Bühne durch die Hintertür - wie schon die deutschen Männer zu Jahresbeginn in Katar.

 Wie die Männer dürfen auch die Frauen dank einer Wildcard zur WM.

Wie die Männer dürfen auch die Frauen dank einer Wildcard zur WM.

Foto: dpa, crj nic

Durch die umstrittene Wildcard hat der EM-Zehnte plötzlich auch wieder die Chance auf die Teilnahme an den Olympischen Spielen im nächsten Sommer in Rio. "Diese Wildcard ist für uns nicht nur eine Chance, sondern auch ein klarer Auftrag. Zwei Jahre vor der Weltmeisterschaft im eigenen Land müssen wir uns endgültig neu ausrichten", sagte Bob Hanning, für den Leistungssport verantwortlicher DHB-Vizepräsident.

Zum Vorgehen sagte Hanning: "An der konzeptionellen Basis und den Strukturen werden federführend Bundestrainer Jakob Vestergaard und DHB-Sportdirektor Wolfgang Sommerfeld arbeiten. Nur wenn uns das gelingt, ist die Wildcard auch ein Glücksfall, denn sportlich haben wir die Teilnahme an der WM angesichts der Niederlagen gegen Russland und der dabei gezeigten Leistungen nicht verdient."

Der Weltverband IHF teilte dem Deutschen Handballbund (DHB) am Montagnachmittag eine der beiden Freikarten für die WM-Endrunde (5. bis 20. Dezember 2015) zu, die zweite erhielt Serbien. Auf sportlichem Weg hatte die Mannschaft von Bundestrainer Jakob Vestergaard das Turnier in Dänemark durch zwei Niederlagen (20:22, 26:27) in den Play-off-Spielen im Juni gegen Russland verpasst.

Für das deutsche Team ist die nachträgliche Starterlaubnis mit Blick auf die Heim-WM 2017 eine große Chance. Anstatt für die kommenden anderthalb Jahre von der Bildfläche zu verschwinden, bekommt die zuletzt schlingernde DHB-Auswahl die Möglichkeit, ihr ramponiertes Image ein wenig aufzupolieren. Und so wenden sich die Blicke beim DHB nun ins dänische Kolding, wo am Mittwoch die Vorrundengruppen für die WM ausgelost werden.

Zuletzt hatten schon die deutschen Männer einen "Freifahrtschein" zur WM erhalten. Das Team von Coach Dagur Sigurdsson nutzte die überraschende Starterlaubnis für einen Umbruch, überraschte in Doha mit erfrischenden Auftritten und klopfte mit Platz sieben wieder an die Tür zur Weltspitze an.

Die Wildcard-Regelung bei den Frauen hatte der IHF-Rat von der Öffentlichkeit weitgehend unbemerkt im November beschlossen. Leidtragender des Beschlusses ist der Panamerikanische Verband (PATHF), dem durch den WM-Titel Brasiliens bei der WM 2013 ursprünglich sechs WM-Plätze zugestanden hätten, der aber nur vier Startplätze erhält. Die Entscheidung war mit der mangelnden sportlichen Qualität des panamerikanischen Kontinents begründet worden.

Spekulationen um eine bereits abgesprochene WM-Teilnahme des deutschen Teams hatten DHB-Funktionäre im Vorfeld der K.o.-Spiele gegen Russland zurückgewiesen. "Wenn wir uns sportlich nicht qualifizieren sollten, haben wir in keinster Weise irgendeinen Anspruch auf die WM-Teilnahme", sagte DHB-Generalsekretär und Interimspräsident Mark Schober dem SID.

Entsprechend harsch fiel die Kritik nach den schwachen Auftritten gegen die Russinnen aus - auch aus den eigenen Reihen. Eine Wildcard mache "nur Sinn, wenn ein erkennbares Konzept dahintersteckt", sagte Bob Hanning, Vizepräsident Leistungssport im Deutschen Handballbund (DHB), dem SID nach den beiden Pleiten. Das sei bei den Männern im Januar in Katar der Fall gewesen, bei den Frauen habe er dagegen "viel zu viele technische Fehler und zu wenig Lösungen" gesehen.

(sid)
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