Handball-WM in Katar Trotz Prunk und Protz drohen Geisterspiele

Die Weltmeisterschaft in Katar soll laut Veranstalter die "beste WM aller Zeiten" werden. Doch wenn die Handball-Stars in den protzigen Arenen von Doha ab Donnerstag um die Medaillen spielen, drohen die Ränge leer zu bleiben.

 Uwe Gensheimer und das DHB-Team müssen sich wohl auf menschenleere Hallen einstellen.

Uwe Gensheimer und das DHB-Team müssen sich wohl auf menschenleere Hallen einstellen.

Foto: dpa, ahe nic

Perfekte Bedingungen für Spieler und Fans, drei protzige neue Hallen und US-Superstar Beyonce zur Eröffnung: Die Weltmeisterschaft in Katar stellt alles in den Schatten, was der Handball bislang gesehen hat. Mit einem Rekordbudget von über 200 Millionen Euro überließen die Scheichs nichts dem Zufall - und kauften sich sogar eine wettbewerbsfähige Mannschaft zusammen. Ihre Kritiker konnten sie damit nicht besänftigen.

"Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, wir haben, was Arenen und Organisation betrifft, alle Zielvorgaben der IHF erreicht. Ich freue mich auf eine tolle WM", sagte Ahmed Al-Shaabi, Präsident des katarischen Handballverbandes, vor dem Eröffnungsspiel der Katarer gegen Brasilien am Donnerstag (18.30 Uhr/Live-Ticker) im Gespräch mit der Handballwoche.

Nie waren die Bedingungen für die 24 Teams besser, nie waren die Ausgaben höher: Das Turnier im Wüstenstaat wird in vielfacher Hinsicht ein Turnier der Superlative. Als der Zeitplan für den Bau der drei Luxus-Arenen aus den Fugen zu geraten schien, ließen die Macher kurzerhand ein paar Tausend zusätzliche Arbeiter einfliegen. Bei der pompösen Eröffnungsfeier am Donnerstag, für die die Scheichs das größte Feuerwerk in der Geschichte des Emirats angekündigt haben, soll angeblich sogar Superstar Beyonce auftreten. Die neue Sport-Großmacht will sich empfehlen - schließlich richtet Katar in den kommenden Jahren 17 weitere Weltmeisterschaften in Olympischen Sportarten und nicht zuletzt die Fußball-WM 2022 aus.

Ihre Kritiker brachten die Ausrichter bei all dem Prunk und Protz aber nicht zum Verstummen - im Gegenteil. "Wir befürchten, dass wegen der Weltmeisterschaften noch mehr Arbeitsmigranten unter unmenschlichen Bedingungen arbeiten müssen", sagt Regina Spöttl, Expertin von Amnesty International für die Golfstaaten. Die Menschenrechtsorganisation erwartet, "dass Sportfeste nicht auf dem Rücken von Millionen von ausgebeuteten Arbeitern ausgetragen werden".

In der Chefetage des Deutschen Handballbundes (DHB) hat man sich im Vorfeld des Turniers intensiv mit der Situation in Katar beschäftigt. Ein WM-Verzicht kam aber nicht infrage. "Ich glaube, dass Boykott oder Verzicht die falsche Antwort ist", sagte Verbandschef Bernhard Bauer dem SID. Es gebe schließlich nichts Verbindenderes als Sportveranstaltungen, Spiele und Wettkämpfe: "Unsere Spieler werden das Land wahrnehmen. Und auf Funktionärsebene werden wir auch Kataris ansprechen und fragen: Warum habt ihr diese Konstellationen wie etwa bei den Rechten der Frauen oder bei den Rechten der Arbeitnehmer. So etwas öffnet und bringt Verständnis füreinander."

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Der Erfolg des Mega-Events im Golfstaat hängt nicht zuletzt davon ab, ob die Einheimischen das Turnier annehmen. Vor dem ersten Anwurf weiß keiner so recht, ob das Versprechen von der "besten WM aller Zeiten" und ausverkauften Hallen wirklich eingelöst wird.

"So eine Situation ist nicht ganz neu. Wir hatten es 1999 bei der WM in Ägypten, dass in eine 20.000-Mann Arena auch sehr viele Soldaten reingeholt worden sind", sagte der frühere Weltmeistertrainer und heutige DHB-Manager Heiner Brand dem SID. 1997 in Japan hätten viele Kinder die Tribünen gefüllt. So etwas sei nicht zu vergleichen mit der Atmosphäre bei der WM 2007 in Deutschland, wo bei allen Spielen eine ideale Atmosphäre geherrscht habe. "Davon gehe ich diesmal nicht aus. Aber ich hoffe, dass die Stimmung einigermaßen gut sein wird ", sagte Brand.

Das Eröffnungsspiel wird einen Fingerzeig geben. In der Lusail-Arena, die mitten in der Wüste wie eine Fata Morgana daherkommt, finden mehr als 15.000 Zuschauer Platz.

(sid)
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