Handball-WM Polens Handballer auf Talfahrt

Rouen · Talant Dujshebaev leidet mit. Für jeden erkennbar. Eindringlich redet der Trainer auf seine Spieler ein, blinzelt dabei wie immer hektisch mit seinen Augen. Der 48-Jährige, in Kirgisien geboren, würde gerne auf das Spielfeld eilen. Er, einst einer der besten Spielgestalter, Welthandballer, Olympiasieger (GUS) und Weltmeister mit Russland, Medaillensammler auch nach seiner Einbürgerung (1995) mit dem spanischen Team, muss aber mit ansehen, wie seine polnische Mannschaft auch das dritte Spiel dieser WM verliert.

 Enttäuschte Gesichter beim polnischen Team.

Enttäuschte Gesichter beim polnischen Team.

Foto: rtr, SM/gk

Dass Polen diesmal nicht zum Kreis der Mitfavoriten zählt, war klar. Doch das Achtelfinale sollte es schon sein. Nach Niederlagen gegen Norwegen (20:22), Brasilien (24:28) und Russland (20:24) sowie dem 26:25 gegen Japan ist zwar noch ein Pokal in Reichweite, aber nur der President's Cup. Der wird als Trostpreis für das beste in der Vorrunde gescheiterte Team vergeben.

Polens Weg erinnert an den Auftritt der Spanier, die bei der WM 2009 überraschend scheiterten und Beste der Schwächsten waren. Doch der Olympia-Dritte 2008 war damals mit seiner vermeintlich stärksten Mannschaft angereist, die Polen befinden sich im Umbruch. Die Stützen, die seit 2007 stets vergeblich einen Titelgewinn anstrebten (WM-Zweiter 2007, WM-Dritter 2009 und 2015) und von denen viele lange in der Bundesliga spielten, haben aufgehört. Torwart Slawomir Szmal (38), Karol Bielecki (34) und Krzysztof Lijewski (33) halfen im November in der EM-Qualifikation aus, traten aber nach den Niederlagen gegen Serbien und Rumänien endgültig zurück. Bartosz Jurecki (37) und Adam Wiesniewski (38) beendeten ihre Karriere im Nationalteam schon nach der Niederlage im Kampf um Olympia-Bronze gegen die Deutschen in Rio. Kapitän Mariusz Jurkiewicz verletzte sich wie der beim Bundesligisten TBV Lemgo spielende Torhüter Piotr Wyszomirski kurz vor der WM. Auch Rückraumstar Michal Jurecki ist verletzt.

Vom Blick zurück hält Dujshebaev nichts. "Es ist Zeit für einen Generationswechsel. Wir müssen auf die Jugend setzten. Wir müssen sie mit der Atmosphäre vertraut machen, sie Erfahrung sammeln lassen und auf die nächsten Aufgaben vorbereiten", sagte er mit Blick auf die WM 2019. Er hatte Michael Biegler, nun Trainer der deutschen Frauen-Nationalmannschaft, nach der EM in Polen vor einem Jahr abgelöst.

Biegler war zurückgetreten, da der WM-Dritte durch das 23:37 (!) gegen Kroatien das Halbfinale verpasste. Dujsehbaev, seit Januar 2014 auch Coach des polnischen Champions-League-Siegers Kielce, hatte zuvor mit Ungarns Nationalteam nicht den erhofften Erfolg. Polen hofft auf eine neue spielstarke Generation und eine erfolgreiche Arbeit Dujshebaevs.

(cze)
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