„Dürfen nicht träumen“ Handballer hoffen auf WM-Flow - Gislason bremst Erwartungen

Hannover · Die deutschen Handballer gehören bei der WM nicht zu den Medaillenfavoriten. Ein Jahr vor der Heim-EM will das DHB-Team nach zuletzt schwachen Turnierauftritten für positive Schlagzeilen sorgen.

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Foto: dpa/Sascha Klahn

Keine flotten Sprüche, keine markigen Kampfansagen: Nach sieben medaillenlosen Turnierauftritten in Serie sehen sich Deutschlands Handballer bei der an diesem Mittwoch beginnenden Weltmeisterschaft als Außenseiter mit Potenzial für eine Rückkehr in die Weltspitze. „Es wäre schön, wenn wir den Fans eine Medaille schenken könnten. Wir sind aber nicht in der Position, das als Ziel auszugeben, denn wir gehören nicht zu den Favoriten. Wir dürfen nicht träumen, sondern müssen realistisch bleiben“, verkündete Bundestrainer Alfred Gislason die Marschroute für die Endrunde in Polen und Schweden.

Am Donnerstag - einen Tag nach dem Eröffnungsspiel zwischen Co-Gastgeber Polen und Rekord-Champion Frankreich - macht sich der DHB-Tross aus dem Trainingslager in Barsinghausen auf den Weg nach Kattowitz. Dort ist am Freitag Asienmeister Katar der Auftaktgegner. Weitere Rivalen in der Vorrundengruppe E sind Serbien und Algerien.

Immerhin reist die deutsche Mannschaft mit guten Erinnerungen nach Polen, wo 2016 mit dem EM-Triumph der letzte Gold-Coup gelang. Die Vorzeichen sind ähnlich. Auch damals schickte der DHB eine relativ junge Mannschaft mit vielen unerfahrenen Spielern ins Rennen, die im Turnierverlauf über sich hinauswuchs und die Fans in Deutschland begeisterte.

Torwart Andreas Wolff ist einer von fünf Spielern im aktuellen WM-Kader, der damals schon dabei war. „Es wäre mal wieder Zeit für eine Medaille“, sagte der 31-Jährige. „Aber das ist nicht die Erwartungshaltung und Herangehensweise bei diesem Turnier. Die WM ist darauf ausgelegt, dass wir uns als Mannschaft weiterentwickeln. Wir wollen international wieder Anerkennung finden und zu den Mannschaften zählen, gegen die man nicht spielen möchte.“

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Schließlich steht 2024 die Heim-Europameisterschaft an, bei der die Mannschaft um eine Medaille mitspielen möchte. „Wir streben eine Entwicklung an, denn spätestens bei der EM wollen wir voll da sein“, sagte DHB-Sportvorstand Axel Kromer.

Der Verband erhofft sich aber auch aus Vermarktungsgründen einen erfolgreichen WM-Auftritt, um die Handball-Euphorie bei den Fans wieder anzufachen. Die war in der Corona-Pandemie und angesichts der zuletzt schwachen Turnierleistungen deutlich abgeebbt. „Es hilft uns natürlich bei der Organisation der EM, wenn wir sportlich erfolgreich sind. Je besser wir bei der WM auftreten, umso höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir für die EM noch mehr Tickets verkaufen“, sagte DHB-Vorstandschef Mark Schober.

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Gislason ist das eher egal. Der Bundestrainer konzentriert sich voll und ganz auf seine 18 WM-Fahrer, die aus seiner Sicht seit der chaotischen Corona-EM im Vorjahr mit 18 positiven Fällen im DHB-Team und Platz sieben einen Sprung gemacht haben. „Wir haben eine richtig gute Mischung in der Mannschaft, die immer besser zusammenwächst. Die Stimmung ist überragend. Alle sind ehrgeizig und wissen, was sie können“, sagte Gislason.

Der 63 Jahre alte Isländer will seine Schützlinge daher auch nicht kleiner machen als sie sind. „Wir gehören nicht zu den Favoriten, verfügen aber über Qualität. Wir wollen überzeugend auftreten und eine gute Platzierung erreichen“, betonte Gislason. Erste Gold-Anwärter sind nicht nur für ihn Titelverteidiger Dänemark, Olympiasieger Frankreich und Europameister Schweden.

Erstes Ziel der deutschen Mannschaft ist der Gruppensieg - möglichst mit einer weißen Weste. „Es ist wichtig, so viele Punkte wie möglich in die Hauptrunde mitzunehmen, denn wir wollen die K.o.-Phase erreichen. Wenn man in der Vorrunde patzt, kann man das kaum noch wettmachen“, sagte der Bundestrainer.

Dabei setzt die DHB-Auswahl auf Faktoren wie Leidenschaft, Kampfgeist und Teamwork. „Am erfolgreichsten werden wir sein, wenn jeder seine Rolle ausfüllt und das einbringt, was er kann. Wir verfügen nicht über die Einzelkönner wie andere Nationen. Wir müssen eine Mannschaft sein – und das nicht nur auf dem Papier, sondern auch auf der Platte. Das wird unsere Aufgabe sein“, sagte Spielmacher Juri Knorr.

Besonders groß ist bei ihm und seinen Teamkollegen die Vorfreude auf die Rückkehr der Fans in die Hallen in den neun WM-Orten, nachdem die Spiele bei der Endrunde 2021 in Ägypten wegen Corona vor leeren Rängen stattfinden mussten und es auch bei der EM 2022 erhebliche Einschränkungen gab. „Man muss nicht groß den WM-Geist beschwören, denn jeder Spieler freut sich auf eine Weltmeisterschaft vor Zuschauern“, sagte Kapitän Johannes Golla.

 Deutschlands Trainer Alfred Gislason schaut auf das Spielfeld.

Deutschlands Trainer Alfred Gislason schaut auf das Spielfeld.

Foto: dpa/Axel Heimken

Auch Gislason, der das Amt des Bundestrainers Anfang Februar 2020 praktisch mit Beginn der Pandemie übernommen hat, kann sein erstes normales Turnier kaum erwarten. „Ich freue mich riesig auf die WM“, sagte er und formulierte seinen ganz persönlichen WM-Wunsch: „Ich hoffe, dass wir Ende Januar sagen können, wir haben ein richtig gutes Turnier gespielt, und dass wir unabhängig von der Platzierung stolz auf unsere Leistung sein können.“

(dpa/stja)
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