WM-Aus gegen Katar Der Schock bei den deutschen Handballern sitzt tief

Völlig überraschend scheidet Deutschland bei der Handball-WM im Achtelfinale aus. Gegen Außenseiter Katar leistet sich das Team von Trainer Dagur Sigurdsson unerklärliche Fehler. "Wir hatten uns so viel mehr vorgenommen", sagt Patrick Groetzki.

Handball-WM 2017: Deutsche Handballer schieben nach Aus gegen Katar Frust
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Deutsche Handballer schieben nach Aus Frust

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Foto: rtr, BT/KAT

Die Blicke gingen ins Leere. Weniger die Anstrengung der 60 umkämpften Spielminuten im WM-Viertelfinale gegen Katar hatten die deutschen Spieler gezeichnet, es war vielmehr das Resultat. Mit 20:21 (10:9) verabschiedete sich der Europameister aus dem Turnier.

Katar, mit drei Niederlagen in fünf Gruppenspielen gerade mal als Vierter weitergekommen, versetzte Spieler, Funktionäre und Fans in der mit gut 10.000 Fans gefüllten Halle in Paris einen Schock. Dabei hatten knapp zwei Stunden zuvor die dänischen Handballprofis ein warnendes Beispiel gegeben. Der Olympiasieger verlor gegen Ungarn mit 25:27, jene Mannschaft, die in der deutschen Gruppe ebenfalls nur Platz vier belegt hatte und die nun wie Katar einen Gruppenersten ausschaltete.

"Wir hatten uns so viel mehr vorgenommen. Es ist so bitter", meinte Patrick Groetzki. Der Rechtsaußen des deutschen Meister Rhein-Neckar Löwen war einer der wenigen deutschen Spieler, die ihre Leistung brachten. Allen voran galt das für Torhüter Andreas Wolff. Der Kieler kam in der ersten Halbzeit auf eine irre Quote von 60 Prozent gehaltener Bälle, dennoch reichte es nur zur 10:9-Führung. Aber auch sein Gegenüber Danijel Saric lief, je länger das Spiel dauerte, zu großer Form auf. Der Torhüter, der schon Länderspiele für Bosnien-Herzegowina und Serbien absolvierte, seit 2013 für Katar spielt und bis vergangenen Sommer beim FC Barcelona jahrelang seine Weltklasse demonstriert hatte, war immer häufiger Endstation. Ihn drückte sein Trainer Valero Rivera, der mit dem FC Barcelona und Spanien rund 70 Titel gewonnen hat und seit 2013 in Katar arbeitet, nach der Partie besonders heftig, als er jeden seiner Spieler umarmte.

Handball-WM 2017: Dagur Sigurdsson tritt mit Niederlage ab
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Sigurdsson tritt mit bitterer Niederlage ab

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Foto: dpa, mut gfh fgj

Deutschland baut den Gegner auf

6:2 führte der Europameister, und es schien ein angenehmer Abend zu werden. Doch dann begannen die Männer vor Torwart Wolff den Gegner aufzubauen. Anspiele, die im Aus landeten oder in den Armen der Gegner, Würfe, die, wenig vorbereitet, keine Wirkung zeigten oder von Saric entschärft wurden — es gelang der Mannschaft von Dagur Sigurdsson nie, den Rhythmus zu finden. Vor allem Steffen Fäth, der bislang ein gutes Turnier gespielt hatte, sorgte für zahlreiche Ballverluste.

Und dennoch: Trotz aller Schwächen und Unzulänglichkeiten schien beim 17:13 (46.) ein Happy End möglich. Als Kreisläufer Patrick Wiencek jedoch nach seiner dritten Zwei-Minuten-Strafe die Rote Karte sah (49.) kam ein weiterer Bruch. Beim 17:17 waren die Kataris wieder dran. Holger Glandorf, der sich zweimal durchsetzte und Yannik Kohlbacher sorgten für die 20:18-Führung (56.), doch das war es dann auch an diesem frühen Abend. Beim Gegner ließ nun vor allem ein Spieler heiß: Rafael Capote. Der gebürtige Kubaner, schon beim unerwarteten Gewinn der WM-Silbermedaille vor zwei Jahren einer der wichtigsten Männer im Team, traf viermal in Folge, dabei zog er oft aus dem Stand ab, machte sich gar nicht mehr die Mühe, einen Sprungwurf anzusetzen.

Schwache Schiedsrichter-Leistung keine Entschuldigung

Auch so mancher Pfiff der Schiedsrichter war nicht hilfreich, doch dies war keine Erklärung für die Konzentrationsmängel beim deutschen Abspiel und Torwurf. Capote, der neun seiner 17 Würfe verwandelte, und der gebürtige Franzose Bertrand Roine (vier von neun) hielten neben Saric ihre Mannschaft, die sich den Erfolg verdiente, immer wieder im Spiel. "Wir müssen daraus lernen. Besonders bitter, wenn man die bessere Mannschaft war. Aber wir stehen auf und werden wieder erfolgreich sein", betonte Rechtsaußen Groetzki.

Für Dagur Sigurdsson war es ein trauriges Ende nach fast zweieinhalb von Erfolgen gekrönten Jahren. Der Isländer wechselt zum japanischen Verband. "Wir haben zu wenig handballerische Lösungen gefunden und hatten zu wenig Spieler, die gut drauf waren", sagte der 43-jährige. Er sprach davon, auch Fehler gemacht zu haben. Fehler, die bei dieser WM bis zu diesem Spiel immer noch korrigiert werden konnten, die diesmal aber das Ende des Traums von der dritten Medaille in Folge nach EM-Gold und Olympia-Bronze bedeuteten.

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