Halbfinale das neue Ziel bei der Handball-WM DHB-Herren lassen Kritiker verstummen

Barcelona · Die deutschen Handballer sind zum WM-Viertelfinale nach Saragossa aufgebrochen. Bundestrainer Martin Heuberger hat das Halbfinale als neues Ziel ausgegeben. Mit seinem Team hat er ein Handball-Hoch ausgelöst. Die Kritiker sind verstummt.

Handball-WM 2013: Deutschland - Mazedonien
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In Deutschland steigt nach Jahren der Tristesse wieder das Handballfieber, und plötzlich konnte sich auch der Bundestrainer der gestiegenen Erwartungshaltung nicht mehr entziehen. Wenngleich etwas umständlich gab Martin Heuberger das Halbfinale der Handball-WM für seine Mannschaft als neues Ziel aus. "Wenn wir das nächste Spiel gewinnen wollen, ist das Halbfinale ein realistisches Ziel, denn mit einem Sieg haben wir es erreicht. Und die Mannschaft ist gewillt und heiß darauf, auch im Viertelfinale zu bestehen", sagte der 48-Jährige am Montag in Barcelona vor der Abreise nach Saragossa.

"Damit habe ich im Kühnsten nicht gerechnet"

Für ihn reiht sich bei der WM in Spanien Überraschung an Überraschung. Erst die vorzeitige Qualifikation für das Achtelfinale, dann der erste Sieg seit sechs Jahren gegen Titelverteidiger Frankreich und am Sonntag als vorläufigem Höhepunkt der Einzug ins Viertelfinale durch ein überlegenes 28:23 gegen Mazedonien. "Dass es so gut läuft, damit habe ich im Kühnsten nicht gerechnet", gab er zu. Der nächste Coup wäre ein Erfolg im zweiten K.o.-Spiel am Mittwoch in Saragossa gegen Gastgeber Spanien oder den EM-Zweiten Serbien, die am Montagabend gegeneinander antraten.

Das neue deutsche Handball-Hoch trägt seinen Namen. "Martin Heuberger hat das Zeug, die Mannschaft in die Weltspitze zurückzuführen", sagt Horst Bredemeier, Vizepräsident des Deutschen Handballbundes (DHB). Und weiter: "Er hat als Trainer der Mannschaft eine Linie verordnet. Das sieht man. Der Tempogegenstoß ist eine Waffe. Wir spielen modernen Handball."

Der bisherige Siegeszug bei der WM ist auch dem großen Bruder Fußball nicht verborgen geblieben. "Handball ist für uns Fußballer immer interessant. Und wir haben uns natürlich wahnsinnig über die bisher erfolgreiche WM gefreut. Wir wünschen ihnen weiter alles Gute", richtete Bundestrainer Joachim Löw aus.

Im Auftrag des Handballs hat Heuberger mit seinem demokratischen Führungsstil der Nationalmannschaft neues Leben eingehaucht und durch den Umbruch in die Integration junger Spieler frischen Wind. Sein Ziel ist es, ein Team für Zukunft zu formen. "Er ist ein Trainer, der auch mit sich reden lässt. Er ist nicht jemand, der etwas predigt, und dann muss jeder Amen sagen. Mit ihm kann man auch sprechen, wenn man andere Ideen hat. Das kommt bei der Mannschaft sehr gut an und ist der richtige Weg", berichtete Kapitän Oliver Roggisch.

Es darf öffentlich gelacht werden, nicht nur mit, sondern auch hin und wieder über den Bundestrainer. So wie Silvio Heinevetter bei der Erinnerung an die Pressekonferenz mit ihm nach dem Sieg gegen Mazedonien. "Sein Englisch ist not so good", radebrechte der Schlussmann im Stile Heubergers, "aber lustig." Die Ausführungen in der fremden Sprache wirken bei dem 48-Jährigen so ungelenk wie der von einem Hüftschaden herrührende Gang.

Akribisch, seriös und glaubhaft

Doch Heuberger hatte jüngst auch Kritik einstecken müssen. Denn je nach Sichtweise können seine Stärken auch als seine Schwächen gewertet werden. "Es zeichnet ihn das aus, was man ihm vorwirft", sagte Bredemeier, "er hat nicht den Glamour." Martin Heuberger ist akribisch, seriös, glaubhaft und beschäftigt sich rund um die Uhr mit Handball. In allem, was er tut, ist er authentisch. Und er scheut sich nicht davor, Fehler einzugestehen, weil er sie seinen Spielern auch zugesteht. Entscheidend für ihn ist, dass man daraus lernt.

Die Spieler halten große Stücke auf den Schutterwälder. "Jeder sieht, wie die Mannschaft hinter dem Trainer steht, wie sie sich in jedem Spiel zerreißt für ihn. Eine bessere Bestätigung für den Trainer gibt es gar nicht", sagte Roggisch.

So konnte Martin Heuberger am Montag auf die mehrstündige Busreise nach Saragossa die Gewissheit mitnehmen, dass nach den bisherigen Leistungen die Kritiker verstummt sind. Der als "Zielscheibe der Zweifler" (Frankfurter Allgemeine Zeitung) titulierte Bundestrainer parierte die Attacken weitgehend souverän. "Ich habe versucht, meinen Job so gut wie möglich zu machen, mich zu distanzieren und abzuschotten von dieser Kritik. Klar kriegt man ein paar Dinge mit. Das ist nicht schön. Andererseits: Wenn man Bundestrainer ist, muss man sich auch solchen Dingen stellen", sagte der Bundestrainer und lächelte wieder sein entwaffnend offenes Lächeln.

(dpa/seeg/das)
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