„Er geht voran“ Handballer Krzikalla macht Homosexualität öffentlich

Update | Leipzig · Als einer der ersten Mannschaftssportler aus Deutschlands Profiligen macht Handballer Lucas Krzikalla seine Homosexualität öffentlich. Für ihn „einer der wichtigsten Schritte in meinem Leben“ – für den er viel Zuspruch bekommt.

 Leipzigs Lucas Krzikalla auf dem Feld.

Leipzigs Lucas Krzikalla auf dem Feld.

Foto: dpa/Hendrik Schmidt

Der schwule Handball-Profi Lucas Krzikalla will mit seinem Coming-out anderen Athleten Mut machen und Veränderungen in der Sport-Welt vorantreiben. Als einer der ersten aktiven Profi-Mannschaftssportler in Deutschland hat der 28-Jährige vom SC DHfK Leipzig am Samstag in mehreren Interviews seine Homosexualität öffentlich gemacht. „Heute kann ich es hier ganz klar sagen: Ich bin schwul, ich habe einen Freund, den ich liebe, und ich bin sehr glücklich darüber“, sagte er der „Welt am Sonntag“.

Dies nun öffentlich zu machen, sei „einer der wichtigsten Schritte in meinem Leben“, über den er lange nachgedacht habe: „Warum nicht einfach diesen Schritt machen und sagen, dass man schwul ist? Wie lange noch das ewige Verstellen, die Lügerei und für wen denn überhaupt? Idioten, die dumme Sprüche machen, wird es immer geben.“

Für den Schritt bekam der Rechtsaußen viel Lob und Zuspruch. Unter einem Foto des Handballers und seines Partners auf Instagram äußerten zahlreiche Sportler ihren Respekt und ihre Unterstützung. Nationalspieler Philipp Weber schickte ein Herz, Hans Lindberg von den Füchsen Berlin schrieb neben einer Regenbogenfahne „Respekt“.

Auch Krzikallas Verein unterstützt ihn. „Ich hoffe, dass dieser Schritt dazu beiträgt, dass man sich in Zukunft darüber gar keine Gedanken mehr machen muss, und dass viele Leute dem Beispiel folgen“, sagte im Sportradio Deutschland der Leipziger Teammanager Karsten Günther, der wie Familie, Freunde und Teamkollegen Bescheid wusste.

Günther hatte Krzikalla vor knapp einem Jahr angeboten, dessen Freund auf die „Spielerfrauen-Liste“ zu schreiben, wie der Handballer berichtete. „Ich habe mich wirklich sehr über das Gespräch gefreut und darüber, dass Chris so herzlich aufgenommen wurde, auch von allen Spielerfrauen.“ Günther sagte dem MDR: „Das war am Ende ein sehr emotionaler und befreiender Moment, da hatten wir auch beide ein Tränchen im Auge.“

Derweil ist Johannes Golla überzeugt, dass Krzikalla ein Vorreiter sein kann. „Ich glaube, es wird weitere geben, die diesen Schritt gehen werden, um befreiter leben zu können und sich nicht mehr verstellen zu müssen“, sagte der Nationalmannschaftskapitän dem SID zum „sehr, sehr mutigen und bemerkenswerten Schritt“ seines Bundesliga-Rivalen: „Er geht damit voran. Das wird ein Vorteil für viele weitere Sportler über den Handball hinaus sein.“

Im Volleyball hatte sich bereits im Vorjahr der queere Berliner Benjamin Patch geoutet. Im Fußball, Handball, Basketball und Eishockey - den vier größten Ligen in Deutschland - wagte bislang jedoch kein aktiver Profi den Schritt, den Krzikalla nun ging.

Im Handball kommt der womöglich wegweisende Entschluss gut an. Leipzigs Geschäftsführer Karsten Günther sieht in Krzikalla ein „absolutes Vorbild“. Und auch DHB-Präsident Andreas Michelmann freut die Nachricht „für den Menschen Lucas Krzikalla und sein gesamtes Umfeld. Sein Outing zeugt im besten Sinne des Wortes von einem gesunden Selbstbewusstsein“, sagte der Verbandschef dem SID.

Krzikalla hofft, mit seinem Coming-out Veränderungen im Sport und in der Gesellschaft voranzutreiben. „Die Sexualität, wer wie leben will, muss einfach egal sein – in jedem Beruf. Und damit sich endlich etwas ändert, müssen wir Profisportler jetzt auch selbst etwas unternehmen“, sagte er. „Ich will zu mir stehen und für uns eintreten, um anderen Mut zu machen. Ich weiß allein von fünf Handballspielern in der ersten und zweiten Liga, die es vielleicht innerhalb der Mannschaft erzählen, aber Angst haben, mit einem Coming-out ihrer Karriere zu schaden.“ Viele seiner Ängste und Befürchtungen hätten sich nicht bestätigt.

Der Handballer berichtete aber auch von Schwierigkeiten und Vorurteilen im Profisport. „Es gibt so viele Vorbehalte: Schwule seien zu verweichlicht für den harten Kontaktsport, sie seien weniger stark als Heterosexuelle. Die Leute wollen Muskeln, Härte, Löwenschreie, Abklatschen. Sie wollen – despektierlich gesagt – keinen Tuntensport“, sagte er. Geholfen hätten ihm Vorbilder wie der Volleyballer Benjamin Patch oder der brasilianische Fußball-Schiedsrichter Igor Benevenuto mit ihren Coming-outs.

Kritik äußerte Krzikalla an der Aussage des früheren Fußball-Nationalspielers Philipp Lahm, der Fußballern von einem Coming-out abgeraten hatte. „Das finde ich total daneben. Wir Sportler sind Vorbilder für viele, wir sind es, die etwas bewegen können“, sagte er.

(SID/ dpa/stja)
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