Manipulationsvorwürfe und Etat-Probleme Handball im Zwielicht

Düsseldorf (RP). Insolvenz von zwei Erstligisten, Etat-Probleme – und nun noch die Manipulationsvorwürfe gegen den THW Kiel. Das schnelle Sportspiel, das bei der WM 2007 noch Millionen in den Bann zog, hat einen schlechten Lauf.

Handball-WM: So wütend sind die Deutschen
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Düsseldorf (RP). Insolvenz von zwei Erstligisten, Etat-Probleme — und nun noch die Manipulationsvorwürfe gegen den THW Kiel. Das schnelle Sportspiel, das bei der WM 2007 noch Millionen in den Bann zog, hat einen schlechten Lauf.

Manipulation im großen Stil oder doch "nur" Rufmord? Egal, wie der "Fall Kiel" ausgeht, nach den vielen Negativschlagzeilen der vergangenen Tage steht der Handball als Verlierer längst fest. Der THW Kiel, nicht irgendein Klub, sondern der erfolgreichste deutsche Verein der zurückliegenden 15 Jahre, soll seit 2000 mindestens zehn Spiele der Champions League durch Schiedsrichter-Bestechung gekauft haben.

So auch das Final-Rückspiel 2007 gegen Flensburg-Handewitt, in dem sich endlich der Traum vom Gewinn der Champions League erfüllte — erleichtert angeblich auch durch 96. 000 Euro, die die polnischen Unparteiischen erhalten haben sollen.

Die Liga, ohnehin keine Ermittlungsbehörde, scheiterte beim Versuch, Licht in die Affäre zu bringen. Es gibt Gerüchte, Aussagen über vermeintlich Gehörtes und Gesehenes, aber keine Fakten. Nun ermittelt die Staatsanwaltschaft Kiel gegen THW-Manager Uwe Schwenker wegen des Verdachts der Untreue und gegen Kiels Ex-Trainer Noka Serdarusic wegen des Verdachts der Beihilfe. "Wir werden zu irgendeiner Zeit ein Ergebnis präsentieren", sagte Oberstaatsanwalt Manfred Schulze-Ziffer, der von einem enormen Öffentlichkeitsinteresse sprach, aber keine Wasserstandsmeldungen abgibt.

Auch wenn der Handball hier zu Lande bei allen Erfolgen der Klubs — aktuell stellt die Bundesliga vier der acht Viertelfinalisten der Champions League — eher ein regionales Ereignis ist und nur das Nationalteam für breites Interesse sorgt wie beim WM-Triumph 2007, erschüttert der "Fall Kiel" die Sportart und trifft die Liga unvorbereitet. Sanktionen bei Bestechung sind in den Ordnungen des Deutschen Handball-Bundes (DHB) und der Bundesliga (HBL) nicht vorgesehen. Ende März trifft sich das HBL-Präsidium. Dann wird wohl nachgebessert.

Der Handball hat einen schlechten Lauf. In TuSEM Essen und der HSG Nordhorn meldeten Erstligisten in dieser Saison Insolvenz an. Aufsteiger Stralsund konnte nur mit größter Mühe den Etat ausgleichen. Auch in unteren Klassen gehen Klubs die Gelder aus. Nun der Aufritt vor Gericht. Dazu das Gerede über käufliche Referees, denen das Regelwerk dieses schnellen, kampfbetonten Spiels viel Einfluss gibt.

So liegt etwa der Zeitpunkt für den Pfiff wegen Zeitspiels in ihrem Ermessen wie auch die Entscheidung zwischen Stürmer- und Verteidiger-Foul oder ob ein Angreifer beim Torwurf schon den Boden berührt hat. "Die Schiedsrichter haben im Handball den größten Einfluss, weil das Regelwerk so schwer ist. Aber wir sind keine Richter", sagt Bernd Ullrich (46), der mit Frank Lemme zu den Weltbesten seiner Zunft gehört und nun selbst unter Verdacht steht.

Laut "Spiegel" vom Montag soll das Duo das Finale der Pokalsieger 2006 verschoben haben, als Gastgeber Moskau gegen Valladolid im Rückspiel sieben Tore aufholte. Für die heutige Bundesliga-Partie Hamburg - Kiel sollten die Magdeburger aus Selbstschutz abgesetzt werden.

Bei der asiatischen Olympia-Qualifikation 2007 waren Lemme/Ullrich nach Japan eingeflogen worden, mussten aber zusehen, wie Jordanier das Team von Kuwait zum Sieg gegen Südkorea pfiffen. Die Endrunde wurde, erst nach massivem Druck(!), wiederholt und Südkorea setzte sich durch, doch auch hier spielte Hassan Moustafa (Ägypten), Chef des Weltverbandes (IHF), eine unsägliche Rolle.

Kein Trost für den deutschen Handball. Nach dem WM-Triumph hatte er endlich mehr Sendezeit im TV bekommen, samstags sogar im Dritten Programm (WDR) ein halbstündiges Magazin, dessen Resonanz zuletzt aber schwach war. Auch, weil durch den Europacup die Spieltage auseinandergerissen sind und die Topteams oft nicht zu sehen sind. Ungewiss ist, ob und wie Sponsoren nun reagieren. Bleibt zu hoffen, dass die Kiel-Affäre ein strafrechtliches Resultat hat und es nicht nur Verlierer gibt.

(RP)
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