Glanzloser EM-Auftakt gegen die Niederlande Deutschland siegt, Gensheimer fliegt

Trondheim · Die deutschen Handballer sind mit einem Sieg gegen EM-Debütant Niederlande in die Europameisterschaft gestartet. Uwe Gensheimer musste nach einer Viertelstunde zuschauen, Torhüter Andreas Wolff war der große Rückhalt.

Handball-EM 2020: Deutschland gegen Niederlande - die Bilder des Spiels
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Deutschland - Niederlande: die Bilder des Spiels

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Foto: dpa/Robert Michael

Uwe Gensheimer wusste, bei wem er sich zu bedanken hatte. Kaum war die Schlusssirene nach dem 34:23 (15:13) der deutschen Handballer im EM-Auftaktspiel gegen die Niederlande ertönt, rannte der Kapitän auf das Spielfeld und umarmte Torhüter Andreas Wolff. Während Gensheimer nach einer roten Karte in der 16. Minute nur noch als Zuschauer auf der Tribüne saß, hatte Wolff einer phasenweise schwächelnden deutschen Mannschaft mit einer bärenstarken Leistung die nötige Rückendeckung gegeben.

Im zweiten Gruppenspiel am Samstag gegen Titelverteidiger Spanien (18.15/ARD) wartet ein anderes Kaliber auf das Team von Bundestrainer Christian Prokop - und Wolff hat einen großen Wunsch: "Ich würde wie vor vier Jahren in Polen gerne wieder das EM-Finale gegen Spanien gewinnen, aber dieses Mal auch das erste Turnierspiel gegen sie."

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Foto: dpa/Sascha Klahn

2016 hatte Deutschland das Gruppenspiel gegen die Iberer verloren, das Finale aber für sich entschieden. Die Spanier hatten am Donnerstag ebenfalls Anlaufschwierigkeiten gegen Lettland, gewannen am Ende aber souverän mit 33:22 (14:11).

"Wir wussten, dass wir große Chancen haben, als Sieger vom Parkett zu gehen, wenn wir unser Ding durchziehen", sagte Bundestrainer Christian Prokop nach dem streckenweise zähen Auftakt vor 4057 Zuschauern in Trondheim: "Der Platzverweis von Uwe war dann aber ein klarer Bruch in unserem Spiel."

Wolff sei dagegen "in den wichtigen Situationen hellwach" gewesen: "Er und Kai Häfner im Rückraum waren unsere Matchwinner." Häfner und Kreisläufer Jannik Kohlbacher waren mit jeweils fünf Treffern erfolgreichste Werfer für Deutschland.

Gensheimer hatte Oranje-Keeper Bart Ravensbergen beim Siebenmeter im Gesicht getroffen - nach Ansicht der Videobilder blieb den slowenischen Schiedsrichtern Bojan Lah/David Sok keine andere Wahl, als Gensheimer auf die Tribüne zu schicken.

"Das hat sich nicht gut angefühlt", sagte der 33-Jährige: "Jetzt bin ich erleichtert, jetzt kann ich locker sein, zwischendurch war ich das nicht. Aber es war eine klare rote Karte, der Torwart hat sich nicht bewegt."

Zuvor hatte sich die deutsche Mannschaft nach einer nervösen Anfangsphase gefangen und führte nach einem 5:0-Lauf nach einer Viertelstunde mit 10:5. Gelungene Abschlüsse aus dem Rückraum und präzise Anspiele an den Kreis zogen den quirligen Niederländern den Zahn, die Abwehr stand sicher, und dahinter zeigte Wolff in den ersten 15 Minuten bereits fünf Paraden.

Dann lief auf einmal nicht viel zusammen. Die Bälle an den Kreis kamen nicht mehr an, die Abwehr packte nicht konsequent zu, im Rückwärtslaufen waren die deutschen Spieler nicht aufmerksam genug. Die Niederländer, angetrieben von ihrem Aufbauspieler Luc Steins, waren schneller und giftiger und nutzten das schwerfällige Spiel ihres Gegners aus.

"Wir starten gut, aber dann gibt es ein paar Zeitstrafen zu viel, und wir schmeißen paar Bälle in den Kreis, die nicht ankommen", sagte Teammanager Oliver Roggisch am ZDF-Mikrofon. Das änderte sich in der zweiten Hälfte zunächst nicht, Deutschland kam überhaupt nicht ins Spiel und lag in der 35. Minute nur noch mit einem Treffer in Führung. In dieser Phase war es Wolff und einer aufmerksamer werdenden Abwehr zu verdanken, dass die Partie nicht zugunsten von Oranje kippte.

Auf der Tribüne erlebte dann Verbandspräsident Andreas Michelmann mit einem Deutschland-Schal um den Hals, wie sich sein Team dank schneller Tore von Fabian Böhm und Kai Häfner Schritt für Schritt das Kommando zurückholte und den schwächer werdenden Gegner am Ende sicher beherrschte. "Wir gewinnen das Spiel, wenn wir sie jetzt nicht mehr einladen", sagte Prokop. Das taten seine Spieler nicht mehr, und wenn doch mal ein Ball durchkam, war Wolff die Endstation.

Statistik:

Deutschland: Wolff (Kielce), Bitter (Stuttgart) - Häfner (Melsungen/5), Kohlbacher (Rhein-Neckar Löwen/5), Kühn (Melsungen/4), Kastening (Hannover/4), Wiencek (Kiel/3), Reichmann (Melsungen/3/2), Böhm (Hannover/2), Schmidt (Stuttgart/2), Zieker (Stuttgart/2), Gensheimer (Rhein-Neckar Löwen/2/1), Pekeler (Kiel/1), Weber (Leipzig/1), Drux (Berlin), Michalczik (Minden) - Niederlande: Ravensbergen, Eijlers - Smits (7/2), L. Steins (6), Boomhouwer (2), Leenders (2), Sluijters (1), Benghanem (1), Baijens (1), Schagen (1), I. Steins (1), Jerry (1).

Schiedsrichter: Lah/Sok (Slowenien)

Zeitstrafen: 5:4

Rote Karte: Gensheimer (16.) wegen unsportlichen Verhaltens

Siebenmeter: 5/3:2/2

Zuschauer in Trondheim: 4057

(sid/old)
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