Ausfall Klimpke und Schiller Das sind die Nachrücker im deutschen Handball-Team

Bratislava · Johannes Bitter ist einer der fünf Nachrücker, die am Dienstagmittag zum EM-Spiel gegen Polen angereist sind. Sie werden dringend gebraucht: Denn drei Stunden vor Spielbeginn gab es die nächsten Corona-Fälle. Die Sinnfrage stellt sich zunehmend.

 Torwart Johannes Bitter reiste am Dienstag als Nachrücker an.

Torwart Johannes Bitter reiste am Dienstag als Nachrücker an.

Foto: dpa/Swen Pförtner

Johannes Bitter zögerte keine Sekunde. "Wenn man sagt, dass man im Notfall bereit ist und der Bundestrainer anruft, dann muss man zu seinem Wort stehen", sagte der 2007er-Weltmeister zu seinem Blitz-Comeback im Trikot der deutschen Handballer. Doch die Ankunft Bitters im deutschen Quartier in Bratislava wurde vom Corona-Chaos überlagert.

Am Dienstagnachmittag, drei Stunden vor dem letzten Vorrundenspiel gegen Polen (18.00 Uhr/ZDF), kamen auch noch die Ausfälle acht und neun in Person von Keeper Till Klimpke und Marcel Schiller dazu - wodurch Bitter nun der einzige einsatzfähige Torhüter ist. Das Turnier droht zur Farce zu werden.

"Wenn eine Nation so viele Ausfälle verkraften kann, dann sicherlich Deutschland", sagte Bob Hanning, langjähriger Vizepräsident des Deutschen Handball-Bundes, dem SID: "Wenn es aber in den kommenden Tagen zu weiteren Fällen kommen sollte, dann muss man die Positionen nochmal überdenken und eine neue Risikoabwägung vornehmen."

Frank Bohmann, Geschäftsführer der Handball-Bundesliga (HBL), erklärte auf SID-Anfrage: "Das sind natürlich schlechte Nachrichten. Wir werden nicht mit dem nackten Finger auf jemanden zeigen." Schuldzuweisungen seien in dieser Situation "vollkommen unangebracht", so Bohmann. Dennoch müsse man "jetzt eine klare Risikobewertung auch aufgrund der hohen Infektiösität vornehmen. Alle Varianten müssen auf den Tisch und mit allen Beteiligten ergebnisoffen diskutiert werden." Also auch die Abreise?

Sportmediziner Wilhelm Bloch gab sich schon am Dienstagmittag keinen Illusionen hin, was eine Eindämmung von Corona bei der EM betrifft. "Wenn eine so hoch ansteckende Variante wie Omikron einmal im Turnier drin ist mit so vielen Fällen, dann wird man das Virus nicht mehr herausbekommen", sagte Bloch im SID-Interview: "Man muss leider noch viele Ansteckungen befürchten. Es würde mich jedenfalls sehr wundern, wenn die aktuelle Welle jetzt vorbei ist."

Selbst einen Rückzug des deutschen Teams hielt Bloch nicht für ausgeschlossen - als es noch sieben Fälle waren. In den nächsten ein bis zwei Tagen werde man sehen, sagte er, "wie es sich weiterentwickelt. Wenn jedoch nun immer neue Infektionen dazukommen, macht es aus meiner Sicht keinen Sinn mehr". Wenn zudem auch andere Teams "ähnliche Infektionsketten wie die deutsche Mannschaft bekommen, wäre es ratsam, die EM abzubrechen".

Im deutschen EM-Quartier war am Montagabend die Schocknachricht von den positiven Befunden bei Wolff, Rückraumspieler Kai Häfner, Rechtsaußen Timo Kastening, Linksaußen Lukas Mertens und Spielmacher Luca Witzke eingetroffen. Zuvor hatten sich bereits Hendrik Wagner und Julius Kühn mit dem Virus infiziert. Am Dienstag hatte sich die Zahl der Betroffenen dann schon auf neun erhöht.

Der frühere Nationalmannschaftskapitän Uwe Gensheimer nannte die Situation ein "Worst-Case-Szenario", sagte er bei DHB-Spotlight. Ex-Weltmeister Christian Schwarzer erklärte im Spox-Interview, das Turnier bewege sich "in Richtung Farce". Es wäre "bitter und für unsere Sportart schlecht, wenn am Ende die Mannschaft Europameister werden würde, die die wenigsten Coronafälle hat."

(ele/SID)
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