Psychische Gewalt im Frauen-Handball DHB kündigt „unabhängige und externe Aufarbeitung“ durch Expertenkommission an

Düsseldorf · Der DHB will die Vorwürfe der psychischen Gewalt im Frauen-Handball durch eine unabhängige Instanz aufarbeiten lassen. Das war auch von der betroffenen Nationalspielerin Mia Zschocke gefordert worden.

Ein Handball liegt auf dem Netz eines Tores.

Ein Handball liegt auf dem Netz eines Tores.

Foto: dpa/Tom Weller

Der Deutsche Handballbund (DHB) hat nach den Vorwürfen psychischer Gewalt im Frauen-Handball eine „unabhängige und externe Aufarbeitung“ durch eine Expertenkommission angekündigt. Das kritische Hinterfragen des eigenen Vorgehens habe begonnen, das gründliche Überprüfen der Prozesse in der Prävention von Gewalt und im frühzeitigen Erkennen von möglichen Vorfällen werde zeitnah auf den Weg gebracht, hieß es in einer Verbandsmitteilung am Mittwoch. Die bekanntgewordenen Vorwürfe gegen einen langjährigen Bundesliga- und DHB-Trainer würden in Summe und Tragweite ein „erschütterndes Bild“ abgeben.

Auf der DHB-Präsidiumssitzung am kommenden Freitag in Leipzig soll demnach eine „vom Verband unabhängige, mit renommierten Personen besetzte Kommission“ mit den Untersuchungen beauftragt werden, „die in erster Linie aufklären soll, welche Verhältnisse und Strukturen zu sexualisierter und psychischer Gewalt führen können und welche Mittel und Wege es gibt, um dies in Zukunft besser zu verhindern und insbesondere junge Sportlerinnen in ihrem Selbstbewusstsein zu stärken“. Hierauf verständigte sich das Verbandspräsidium in einer Videokonferenz am Mittwoch.

„Der Handballsport darf kein Spielfeld für Gewalt sein“, sagte DHB-Präsident Andreas Michelmann: „Es ist mir ein Anliegen, dass wir unsere Prozesse ernsthaft, gewissenhaft und detailliert überprüfen und notwendige Strukturen wo geboten verbessern. Um das seriös zu tun, müssen wir uns trotz des öffentlichen Erwartungsdrucks die notwendige Zeit nehmen. Hierzu stehe auch ich über Co-Kapitänin Emily Bölk im ständigen Kontakt mit der Mannschaft.“

„Wenn wir wollen, dass in Zukunft Eltern ihre Kinder guten Gewissens zum Sport bringen, müssen wir den vorliegenden Fall nutzten, um die Strukturen aufzudecken, die zu einer Kultur des Schweigens und Waberns im Reich der Gerüchte geführt haben“, sagte der Verbandschef: „Leidtragende sind letzten Endes meist junge Sportlerinnen.“

Er habe den Eindruck, so Michelmann, dass man mit dem aktuellen Fall „erst am Anfang einer großen Welle, die nicht nur den Deutschen Handballbund, sondern den Sport überhaupt betrifft, stehen. In der Vergangenheit haben andere Verbände versucht, dieses Problem in erster Linie rechtlich anzugehen. Nach meiner Meinung ist das Problem jedoch umfassender und sitzt tiefer.“ Die Lösung dieses Problems werde in den kommenden Jahren von „existenzieller Bedeutung für den deutschen Sport sein. Deshalb unterstützen wir noch einmal die Einrichtung des bundesweiten Zentrums für Safe Sport als gemeinsame Initiative von DOSB, dsj und BMI.“

(SID/stja)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort