Handball-Weltmeister Florian Kehrmann macht Schluss

Düsseldorf · Der 36-Jährige hat den Zeitpunkt selbst bestimmt. Nach 15 Jahren als Bundesliga-Profi konzentriert sich der ehemalige Nationalspieler auf seine Trainerkarriere. Die Arbeit mit den Lemgo Youngsters in der Dritten Liga macht viel Spaß.

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Eine kleine Hintertür lässt sich Florian Kehrmann offen. "Wenn es um die Existenz geht, bin ich der Letzte, der nein sagt", betont der 36-Jährige, der sportlich alles mit links schaffte. Aber eigentlich soll am Sonntag ab 16 Uhr der letzte Auftritt des Lemgoer Handballprofis stattfinden. "Natürlich haben mich Freunde angesprochen und gefragt, ob sie einen Spielerpass für mich beantragen sollen", erzählt "Flo". Die Rolle als ein Akteur, der den Aufstieg verwirklichen hilft, kann er sich nicht vorstellen.

Dazu fehlt auch die Zeit. Kehrmann, in dieser Saison schon Trainer der Lemgo Youngster, die in der Dritten Liga spielen, wird sich dieser Aufgabe nach seiner aktiven Laufbahn noch intensiver widmen und dazu Bundesliga-Cheftrainer Niels Pfannenschmidt unterstützen. Jeden Abend, dazu zwei Vormittage, wird trainiert. Dann macht auch Kehrmann mit. Er muss seinen Körper langsam von den körperlichen Anstrengungen des Profialltags entwöhnen. Was sich der Linkshänder vorstellen kann, wäre ein paar Mal bei einem Fußball-Bezirksligisten oder -Kreisligisten mitzukicken.

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Kehrmann musste zwischen Handball und Fußball wählen

"Fußball spiele ich für mein Leben gerne", sagt Kehrmann. Doch als er zehn, elf Jahre alt war, stellten ihn die Eltern vor die Wahl: nur noch zwei Sportarten. Er entschied sich für Handball und Tennis. Als Bob Hanning den A-Jugendlichen dann 1994 von der HG Kaarst-Büttgen zu TuSEM Essen holte und ein Jahr später nach Solingen mitnahm, war der Handball in den Mittelpunkt des Sportlers Kehrmann gerückt.

"Ich hatte das Glück, immer zum richtigen Zeitpunkt den Verein gewechselt zu haben", sagt Kehrmann. Das Trikot mit der Nummer 15 trägt er seit seiner Essener Zeit. Dass er nun nach 15 Jahren in Lemgo als Aktiver aufhört, ist ein Zufall. "Natürlich hätte ich gerne das Olympiafinale und die Champions League gewonnen", antwortet Kehrmann auf die Frage, ob er alles erreicht habe. "Aber ich bin stolz auf das, was mir gelungen ist. Vielleicht noch wichtiger ist die Erfahrung der vergangenen Monate. Da spüre ich Anerkennung auch von vielen Fans anderer Klubs, für die ich jahrelang ein Feind war."

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Er hat den Zeitpunkt seines Rücktritts selbst bestimmt. "Ich wollte nicht, dass da mal jemand kommt und sagt: Den müssen wir jetzt mal loswerden", sagt der perfekte Handballspieler und zweifache Vater (Sohn Len/7, Tochter Liv/5. "Ich bin nicht derjenige, der nach Hause kommt und alles machen lässt. Da werde ich schon in die Hausarbeit eingebunden. Ich koche auch gerne - aus dem Wok", erzählt Kehrmann.

Der sportliche Höhepunkt war die Weltmeisterschaft 2007 mit dem Titelgewinn im eigenen Land. Im Vorfeld hatte er sich die Hand gebrochen. Zwei Wochen später, und das Wintermärchen hätte wohl ohne ihn stattgefunden. Natürlich war Kehrmann bei anderen Klubs begehrt, aber er blieb im Lipperland. "Ich hatte immer Ziele und eine Rolle, mit der ich mich sehr wohl gefühlt habe", sagt er.

Nun also ist er das Bindeglied zwischen Verein und dessen jungen Spielern. "Ich kann einem 18-Jährigen einfacher klarmachen, warum er mehr trainieren soll", unterstreicht er. "Ich habe auch auf Abiball und Feiern verzichtet, weil mir ein Lehrgang wichtiger war", erzählt der Welt- und Europameister Florian Kehrmann.

Im Training als älterer Spieler vorleben, was Handball als Leistungssport erfordert — das macht er überzeugend.

(RP)
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