Sigurd Pettersen gewinnt auch in Garmisch Garmisch: Deutsche Nobodys begeistern

Garmisch-Partenkirchen (rpo). Beim Skispringen in Garmisch-Partenkirchen hat Georg Späth mit einem dritten Platz die Formkrisen von Sven Hannawald und Martin Schmitt vergessen lassen. Dem Norweger Sigurd Pettersen ist indes nach seinem zweiten Erfolg der Gesamtsieg bei der Vierschanzentournee kaum noch zu nehmen.

Vierschanzentournee 03/04: 2. Springen
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Mit seinem Überraschungs-Sprung auf den dritten Platz hat ausgerechnet Nobody Georg Späth die Krise der deutschen Skispringer vorerst beendet und den am Neujahrstag auf Rang neun abgerutschten Sven Hannawald als Vorflieger glänzend vertreten. Drei Tage nach seinem Triumph von Oberstdorf gewann der Norweger Sigurd Pettersen in Garmisch-Partenkirchen auch das Neujahrsspringen der 52. Vierschanzentournee und jagt nun den Jahrhundert-Rekord von 2001, als Hannawald als Erster bei allen vier Konkurrenzen des Skispringer-Grand-Slams vorne lag.

"Das ist das Genialste, was ich in meinem Sportlerleben bisher erlebt habe. Ein Traum ist in Erfüllung gegangen", sagte Georg Späth, der zum ersten Mal in seiner Karriere nach einem Weltcup auf dem Siegerpodest stand und dafür insgesamt 16.000 Euro Prämien kassierte: "Ich wusste, dass ich ganz vorne mitmischen kann, denn ich habe hier keinen einzigen schlechten Sprung gemacht. Ist trotzdem komisch, dass ich jetzt besser bin als Sven Hannawald. Eigentlich bin ich doch die zweite Garde."

Einen halben Weitenmeter

Pettersen lag beim ersten Norweger-Sieg am Neujahrstag seit zehn Jahren (Espen Bredesen 1994) am Ende nur sieben Zehntelpunkte oder einen halben Weitenmeter vor dem Österreicher Martin Höllwarth, der sich bei Halbzeit der Tournee mit 522,2 Gesamtpunkten als ärgster Verfolger des Norwegers (549,0) positionierte. Die diesmal starke deutsche Mannschaftsleistung komplettierten Michael Uhrmann (Rastbüchl) und Maximilian Mechler (Isny) auf den Rängen sieben und zwölf. Martin Schmitt (Furtwangen) wurde nur 22. Späth (510,0) und Uhrmann (506,5) liegen in der Gesamtwertung auf den Rängen drei und vier.

Pettersen übernahm mit 406 Punkten auch das Gelbe Trikot des Führenden im Gesamtweltcup und zeigte sich zu weiteren Großtaten bereit: "Garmisch war meine Wackelschanze, jetzt kann ich noch zweimal gewinnen." Dazu besteht in Innsbruck (4. Januar) und Bischofshofen (6. Januar) noch Gelegenheit. 40.000 Euro hat Pettersen schon kassiert, der japanische Geländewagen als Zusatz-Prämie für den Gesamtsieg ist greifbar nahe.

Superleistung keine Sensation

"Für mich ist die Superleistung von Georg keine Sensation mehr. Er hat eine stabil gute Form und hätte hier sicher gewonnen, wenn er im Finale technisch besser gesprungen wäre", meinte Bundestrainer Wolfgang Steiert und lobte auch seinen an sich zweifelnden Musterschüler Hannawald: "Svens Leistung ist nicht hoch genug einzuschätzen. Was er hier an den zwei Tagen vorher abgeliefert hat, war weit unter normal. Aber er ist nicht abgestürzt."

Hannawald selbst war mit dem Top-Ten-Platz am Ende ganz zufrieden, von seiner derzeitigen Form aber bitter enttäuscht: "Ich habe schon mehr Freude am Springen gehabt. Die Fragezeichen bei mir werden von Sprung zu Sprung größer. Irgendwas passt nicht. Ich bin sprachlos und habe keine Ahnung, warum das alles so in die Hose geht. Der Finalsprung war wenigstens ein kleiner Schritt nach vorn. Ich darf mich jetzt nur nicht total verhaspeln."

Vorjahrespleite unbedingt vergessen machen

Die Pleite des Vorjahres, als Hannawald auf der von der deutschen Mannschaft ungeliebten Uralt-Schanze trotz Sturz und Platz zwölf noch bester DSV-Springer war, wollte Steiert unbedingt vergessen machen. Der Coach zog mit der Mannschaft wieder vom abgeschiedenen Teamquartier der letzten Jahre am Eibsee direkt in den Silvester-Trubel von Garmisch-Partenkirchen. Seine Männer labten sich am abendlichen Büffet bei Hirschrücken und Passionsfrucht und versuchten sich komplett in interner Runde mit einer Neujahrs-Ansprache. Bis auf Sven Hannawald, der sich als Redner von seiner Freundin Suska vertreten ließ.

Hannawald war nach seinem bei der Vierschanzentournee schon traditionellen Qualifikations-Boykott für das Prestige-Springen auf den letzten Startplatz gesetzt und musste deshalb im nach dem K.o. -System ausgetragenen ersten Durchgang gegen den im Training überragenden Janne Ahonen (am Ende Vierter) antreten. Die RTL-Superstars bemühten sich zwar noch kurz vor dem Springen im Schanzenauslauf, ein Wunder herbeizusingen, aber mehr als 114,5 Meter waren für "Hanni" nicht drin, die Aussichten auf den zweiten Sieg in Garmisch-Partenkirchen nach 2002 dahin. Im Finale gelangen wenigstens 116 Meter und eine Verbesserung um drei Ränge.

Alles ging wie von selbst

Dagegen ging für Späth, der nach dem ersten Durchgang nur drei Punkte hinter Topfavorit Pettersen sogar auf Rang zwei lag, "von Anfang an alles wie von selbst. Bei mir ist derzeit einfach jeder Sprung wie der andere. Ich springe los und weiß, dass es klappt." Während Steiert auch angesichts des aussichtsreichen sechsten Platzes von Michael Uhrmann vor dem Finale die Devise: "Jetzt springen wir um den Sieg mit" ausgab, meinte sein Vorgänger Reinhard Heß als Zaungast: "Ich würde mir wünschen, dass Georg Späth dokumentiert, dass er zum Siegspringer gereift ist."

Das klappte am Ende nicht ganz, weil Späth seinen Finalsprung nicht perfekt zu Tal brachte und zwei Weitenmeter hinter Pettersen (120,5) blieb: "Das war doch eine größere Herausforderung, obwohl ich nicht übermäßig nervös war." Ein Kompliment kam von Zimmer-Kumpel und Tournee-Rivale Michael Uhrmann: "Der Georg ist so ein Super-Typ, wenn ich es einem gönne, dann ihm."

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