Klos weint, Fans sorgen für Chaos Bielefeld zerlegt sich selbst

Wiesbaden · Arminia Bielefeld steht vor dem Absturz in die 3. Liga. Das Relegations-Hinspiel in Wiesbaden wird von Ausschreitungen überschattet. Vereinslegende Fabian Klos weint und spricht der Mannschaft den Charakter ab.

 Bielefelds Fabian Klos läuft vor Rauchbomben auf dem Rasen.

Bielefelds Fabian Klos läuft vor Rauchbomben auf dem Rasen.

Foto: dpa/Jörg Halisch

Mit Tränen in den Augen wünschte sich Arminia Bielefelds Vereinsikone Fabian Klos ganz weit weg vom Ort der doppelten Schande für seinen Klub. „Mein Sohn hat zu Hause seinen ersten Geburtstag gefeiert“, sagte Klos mit brechender Stimme nach dem von schweren Fan-Krawallen überschatteten 0:4 (0:1)-Desaster der Ostwestfalen im ersten Zweitliga-Relegationsspiel bei Drittligist Wehen Wiesbaden: „Und dafür habe ich das verpasst.“

Mit seinem Filius Marlo hätte Klos mit Sicherheit mehr Freude gehabt als in Wiesbaden. Ohne einen Funken Hoffnung („Das Ding ist durch“) zerlegte der seit 2011 auf der Alm spielende Routinier sein enttäuschendes Team bereits vor dem Rückspiel am Dienstag (20.45 Uhr/Sky und Sat.1). Immerhin war es Klos und seiner Ansprache an die wütenden Bielefelder Fans zu verdanken, dass die Partie nach einer 20-minütigen Unterbrechung nicht rigoros beendet wurde.

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„Ich kann nicht sagen, was ich denke, weil ich Kapitän der Mannschaft bin, aber das ist keine Mannschaft“, sagte Klos später am Sat.1-Mikrofon und legte vor der Sky-Kamera nach: „Ich kann mich nicht vor diese sogenannte Mannschaft stellen, denn man muss diesem Team zu Recht den Charakter absprechen.“

So desolat war Bielefelds Minusleistung nur fünf Tage nach dem 0:4 im letzten Ligaspiel beim 1. FC Magdeburg, dass Klos nach den Gegentreffern von Ivan Prtajin (6.), Johannes Wirtz (50.), Benedict Hollerbach (60.) und John Iredale (82.) fast Verständnis für den Ärger der Arminia-Anhänger und den Abschuss von Raketen und Böllern aufbrachte: „Soll ich sauer auf die Fans sein? Sie reagieren nur auf das, was wir auf dem Platz zeigen.“

Auch nach Ansicht seines Trainers Uwe Koschinat „haben wir die Ursache für die Krawalle gegeben. Die Menschen haben keine Toleranzgrenze mehr, das zu ertragen, was wir bringen“. Unabhängig von den „inakzeptablen Grenzüberschreitungen“, wie die Arminia am Tag danach das im wahrsten Sinne des Wortes brandgefährliche Verhalten ihrer Fans umschrieb, bezeichnete der Coach die fahrlässig verspielte Chance auf den Klassenerhalt desillusioniert als „Bankrotterklärung“.

Ohne Träumereien von einem riesigen Fußball-Wunder dürfte Bielefeld am Dienstag innerhalb von zwölf Monaten aus der Bundesliga in die Drittklassigkeit durchgereicht werden. Seit Einführung der eingleisigen 3. Liga war solch ein Absturz zuvor nur 2016 dem Arminen-Nachbarn SC Paderborn widerfahren.

In Bielefeld schließt sich für Klos, den sein Verein ausdrücklich auch für seine Aussagen in Wiesbaden als „Muster an Vorbild bezeichnete, nach “Tränen, Blut, Schweiß und Knochenbrüchen„ ein Kreis: “Ich bin wieder da angekommen, wo ich vor zwölf Jahren angefangen habe - nur ist die Stimmung noch beschissener als damals.„

Die gute Laune im Wiesbadener Lager dämpfte Wurtz mit Blick auf den verfrühten Aufstiegsjubel der Hessen am Pfingstwochenende: “Es ist noch nichts entschieden."

(sid/stja)
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