WM-Gastgeberland Wo die Kataris in der deutschen Wirtschaft mitspielen

Düsseldorf · Die staatliche Investmentgesellschaft und Mitglieder der Königsfamilie sind an großen Unternehmen wie VW, Siemens und der Deutschen Bank beteiligt. Katar bekommt aus Deutschland vor allem Fahrzeuge und Maschinen und liefert in erster Linie Brennstoff.

Die Skyline von Doha bei Nacht

Die Skyline von Doha bei Nacht

Foto: dpa/Kamran Jebreili

Wenn in diesen Tagen über Katar gesprochen wird, dann ist nahezu ausschließlich von der Fußball-Weltmeisterschaft im Wüstenstaat die Rede, von Toten auf den Baustellen der heutigen WM-Stadien, von Menschenrechtsverletzungen und von den Gefahren, denen Homosexuelle nach der Einreise in das Emirat ausgesetzt sein könnten. Vom Wirtschaftsfaktor Katar ist kaum die Rede.

Dabei sind die Machthaber in Vorderasien und die staatliche Investmentgesellschaft Qatar Investment Authority (QIA) in der deutschen Wirtschaft längst zu wichtigen Faktoren geworden. Der Scheich-Familie al Thani gehören über zwei Investmentgesellschaften etwa zehn Prozent der Deutschen Bank, bei Volkswagen halten die Kataris offiziell 10,5 Prozent, bei Siemens mehr als drei Prozent. Auch bei Porsche wollten die Katarer nach dem Börsengang vor einigen Wochen in größeren Stil mit von der Partie sein. Und dann kam auch noch RWE dazu: Die Scheichs unterstützen mit ihrer Investmentfirma QIA den Essener Energiekonzern über eine Pflichtwandelanleihe bei einem Milliardenkauf in Nordamerika, der das dortige Solargeschäft von RWE deutlich voranbringen soll. So werden sie in Essen zum größten Einzelaktionär.

Somit ist es nicht verwunderlich, dass Kritik an Katar meistens laut wird aus dem Mund von Politikern und Vertretern von Menschenrechtsorganisationen. Den Wirtschaftsbossen ist das vermutlich meist zu heikel. Wo Katar als Großinvestor oder Auftraggeber eine wesentliche Rolle spielt, vergrätzt man die neuen Partner eben nur ungern. So manches von den etwa 300 Unternehmen, die heute in Katar ansässig sind, hat Aufträge vor der WM bekommen, und bei den meisten von ihnen sitzt Katar irgendwie mit am Tisch. Zu denen, bei denen die Scheichs auch heute noch mitspielen, gehört wie gesagt Siemens. Der Münchner Konzern wurde schon vor zehn Jahren beauftragt, ein neues Straßenbahnsystem in Doha zu bauen, er bekam unter anderem einen Auftrag im dreistelligen Millionenbereich für den Bau von sechs Umspannwerken.

Was die Investments der Kataris in Deutschland angeht, erfolgen die in der Regel über die QIA. Die ist eine der größten Staatsfonds weltweit, der 2005 gegründet wurde, ein Vermögen von rund 445 Milliarden Dollar verwaltet und von den katarischen Machthabern kontrolliert wird. Seine vornehmste Aufgabe: die Milliardeneinnahmen und -gewinne aus dem lukrativen Geschäft mit Öl und Gas möglichst gewinnbringend und zukunftsträchtig anzulegen. Dabei sind Finanzdienstleistungen (siehe Deutsche Bank) immer ein Thema, aber auch die Energiewende, wie die Investments bei RWE und Co. zeigen.

Was den Warenaustausch mit dem Wüstenstaat angeht:  Bei deutschen Importen aus Katar machten mineralische Brennstoffe im vergangenen Jahr mehr als 80 Prozent des Gesamtvolumens aus – Kohle, Gas, Öl und anderes, für das insgesamt mehr als 350 Millionen Euro in die Kassen der Scheichs flossen. Das Geschäft zwischen Deutschland und Katar ist zwar keine Einbahnstraße. Aber deutsche Unternehmen haben im vergangenen Jahr Waren und Dienstleistungen im Wert von 1,33 Milliarden Euro nach Katar exportiert, während katarische Verkäufe nach Deutschland nur ein Volumen von zusammengerechnet 430 Millionen Euro hatten. Allerdings haben die Kataris angekündigt, dass sie ihre Investitionen in Deutschland in den kommenden Jahren noch einmal deutlich verstärken wollen.

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