WM-Erfolg Marokkos gegen Spanien Sie feiern nicht nur den Fußball
Meinung · Autokorsos, Party, Pyrotechnik – in der marokkanischen Community an Rhein und Ruhr gab es nach dem Einzug ins Viertelfinale kein Halten mehr. Dabei geht es ihr aber nicht nur um eine Etappe der WM in Katar.

So feiern Marokko-Fans in Düsseldorf nach dem Sieg gegen Spanien
Den endgültigen Boykott der Fußballweltmeisterschaft in Katar haben die Deutschen wohl vor knapp einer Woche beschlossen. Seit dem blamablen Ausscheiden der Nationalelf in der Vorrunde am vergangenen Donnerstag sind vermutlich auch bei den letzten Verfechtern dieses umstrittenenen Turniers die Bildschirme zu den Anstoßzeiten schwarz geblieben. Kein Wunder also, dass viele irritierte, was am späten Dienstagabend in einigen Städten los war: Autokorsos, Dauer-Hupen, Jubel, Böller und Bengalos – aber warum eigentlich? Das werden sich Passanten von Dortmund bis Düsseldorf gefragt haben, wo Ordnungsamt und Polizei teils sogar Straßen sperrten.
Gefeiert haben hunderte Marokkofans, teils Tausende, vor allem in Vierteln, wo viele Menschen mit marokkanischen Wurzeln leben: Köln Kalk zum Beispiel, Dortmund Nordstadt, Düsseldorf Oberbilk. Menschen und Motorhauben in rote Flaggen gehüllt, Musik und Rauchkörper, glückliche Gesichter. Das Mitfiebern der breiten Masse blieb dennoch aus, sind den meisten Deutschen Nationen wie Spanien, Italien oder die Niederlande dann traditionell eben doch näher. Bestenfalls weil die gemeinsame Geschichte mit europäischen Nachbarn enger verknüpft ist, die westlichen Werte näher beieinanderliegen. Schlimmstenfalls, weil Vorbehalte und rassistische Ressentiments eine Rolle spielen – über junge, gewaltbereite, „straffällige Nordafrikaner“.
Dabei ist der Erfolg Marokkos bei der WM, die für das Land Heimspiel zu werden scheint, ein Grund zum Feiern. Es ist ein Sieg für die arabische Welt. Einige Fans vor Ort in Doha trugen Trikots von Saudi-Arabien, Tunesien oder Algerien – aber alle schrien für Marokko. Reporter brachen in Tränen aus. Spieler wurden zu Helden erklärt. Und die Mannschaft selbst ist Spiegelbild der modernen Gesellschaft: Viele sind im Ausland geboren, europäisch geprägt, auf dem Platz aber für ihr Land. „Es stimmt, dass viele meiner Spieler im Ausland lernen. Aber hier im Nationalteam sind wir alle Marokkaner“, sagte der Nationaltrainer Walid Regragui. Der sportliche Erfolg gerät da fast in den Hintergrund.