WM-Kolumne An Stars wie Messi kann ein Team wachsen

Meinung | Mönchengladbach · Spieler wie Lionel Messi haben die Macht, als Individualisten eine ganze Mannschaft mitzureißen. Dass sie auch bei der Taktik mitreden, ist normal. In Deutschland fehlt das derzeit. Daher sollte man Jungs wie Jamal Musiala einfach mal ihr Spiel machen lassen.

So emotional feiern Lionel Messi und Argentinien den WM-Titel in Katar
65 Bilder

So emotional feiern Messi und Argentinien den WM-Titel

65 Bilder
Foto: AP/Martin Meissner

Ich sage immer: Der Star im Fußball ist die Mannschaft. Die Weltmeisterschaft in Katar hat das wieder gezeigt. In Argentinien und Frankreich standen die besten Teams im Endspiel – und sie haben tollen Fußball geboten. Ich ziehe meinen Hut und gratuliere Argentinien, einer ganz großen Fußball-Nation, zum Titel.

Es war auch das Spiel der Top-Stars Lionel Messi und Kylian Mbappé. Messi hat endlich seinen WM-Triumph bekommen und seine Karriere gekrönt. Mbappé ist noch jung, er wird bei der Qualität, die der französische Fußball insgesamt hat, seine nächste Titel-Chance wieder bekommen. Und ganz sicher wird er in den nächsten Jahren dem Fußball seinen Stempel aufdrücken.

Titel-Party in Buenos Aires​: So feiert Argentinien seine WM-Helden
30 Bilder

So feiert Argentinien seine WM-Helden

30 Bilder
Foto: AFP/TOMAS CUESTA

Ich muss in beiden Fällen aber auch den Trainern Lionel Scaloni und Didier Deschamps ein großes Lob aussprechen. Es ist toll, solche wunderbaren Spieler zu haben, doch muss man um sie herum auch das Team so aufbauen, dass sie funktionieren. Ich kenne das von früher bei Borussia Mönchengladbach. Wir hatten Günter Netzer. Jeder in der Mannschaft wusste, dass er für Günter mitlaufen muss, weil er unsere Mannschaft besser gemacht hat. So war es auch 1974 in der deutschen Mannschaft mit Franz Beckenbauer. Und so ist es bei Messi, Mbappé sowie Ronaldo in Portugal und Neymar in Brasilien, sie sind ebenfalls herausragende Spieler.

Pressestimmen zum WM-Titel von Argentinien​ und Krönung Lionel Messi
26 Bilder

Pressestimmen zum WM-Titel von Argentinien

26 Bilder
Foto: AP/Manu Fernandez

Dass diese Weltklassespieler ein Wörtchen mitreden in Sachen Taktik und Personal, ist normal. Das war früher bei Netzer so – mit wem er nicht spielen konnte, der hatte keine Chance. Und so ist es auch bei Argentinien, Frankreich, Portugal oder Brasilien. Das muss so sein – aber auch da gilt: Es muss im Sinne der Mannschaft so sein. Aber an den Stars kann ein Team wachsen, sie sind Idole einer ganzen Nation und machen die Menschen glücklich.

Wenn ich die Bilder aus Argentinien sehe, sehe ich die Magie des Spiels, das mir alles gegeben hat, das ich so sehr liebe. Und ich bin traurig, dass ich diese Begeisterung in einer anderen großen Fußballnation nicht mehr sehe: bei uns in Deutschland.

Fußball-WM 2022 Katar meiste Tore: Die Torschützenliste
29 Bilder

Die besten Torjäger der WM 2022

29 Bilder
Foto: AP/Luca Bruno

Daran ist unsere Nationalmannschaft teilweise selbst schuld. Auch Argentinien hat das erste WM-Spiel verloren, doch da war dieser unglaubliche Wille, bei dem Turnier etwas zu bewegen in dieser Mannschaft. Toll! Natürlich wird Messi nach dieser Niederlage auf den Tisch gehauen haben – so hat es Netzer früher auch gemacht, wenn es nicht lief. Solche Ausnahmespieler wollen den Erfolg und ertragen keine Niederlagen. Und sie haben die Kraft und die Macht, eine Mannschaft mitzureißen.

Wir haben keine Top-Stars wie Messi oder Mbappé. Wir sind auch nicht die Nation der Weltstars. Wir hatten in Beckenbauer und Lothar Matthäus Weltklassespieler, ja. Aber unsere Stärke war immer vor allem, dass wir große Mannschaften hatten. Jetzt haben wir als Team nicht das Niveau der besten Teams der Welt. Dass wir bei uns keine so großartigen Individualisten haben wie andere, liegt an der Ausbildung. Alle sollen gleich sein und alles können. Ich sage: Lasst die Jungs doch spielen! Ich hoffe, dass Jamal Musiala, der das Zeug hat, mal in die Weltklasse vorzustoßen, sein Spiel machen darf und nicht in taktische Zwänge gequetscht wird. Auch Joshua Kimmich kann ein Weltklassespieler werden, aber bitte: Lasst ihn das spielen, was er am besten kann.

Es ist auch Größe, einen ganz Großen ins Team zu integrieren ohne ihm die Spielfreude zu nehmen. Aber dann muss man auch von den Spielern viel erwarten. Ich zitiere da einen Satz des Vize-Präsidenten Borussias, Rainer Bonhof: Fördern ist wichtig, aber das Wichtigste für die Entwicklung der Spieler ist, sie ohne Wenn und Aber zu fordern, auch wenn die Berater das nicht gerne hören.

WM-Kolumne Berti Vogts: Superstars wie Messi und Mbappé lassen ihr Team wachsen
Foto: grafik
WM-Finale 2022: Argentinien – Frankreich: Bilder des Spiels​
90 Bilder

Argentinien – Frankreich: die Bilder des Spiels

90 Bilder
Foto: AP/Manu Fernandez

Nun gibt es natürlich die Debatte: Wer ist der Größte? Messi, Ronaldo, Mbappé oder Neymar? Alle vier sind großartige Spieler, die besten Spieler ihrer Zeit. Aber an Diego Maradona kommen in meinen Augen alle vier nicht heran – und über allen steht für alle Zeiten nur einer: Pelé! Er ist der größte Fußballer, den es jemals gab und wird es immer bleiben. Pelé ist der Fußball.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort