„Einige über ihrem Zenit“ Das sagen Experten zum WM-Aus der deutschen Mannschaft
Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft scheiterte bei der WM bereits nach der Vorrunde. Nun äußern sich die Experten zum blamablen Abschneiden. Wir haben die Aussagen zusammengestellt.
Michael Ballack (Ex-Nationalspieler, MagentaTV): „Es gehört beim DFB dazu, dass jede Position hinterfragt wird. Da gehört auch der Trainer dazu. Alle. Man darf nicht den gleichen Fehler wie 2018 machen. Als der Präsident sich kurz nach dem Ausscheiden hinstellt und sagt: Der DFB und sein Trainerteam analysieren das jetzt und dann macht Jogi weiter.“
Bastian Schweinsteiger (Weltmeister von 2014, ARD, im Dialog mit Hansi Flick): „Es gibt Situationen auf dem Spielfeld, da fehlen bei den Spielern die fünf Prozent Konzentration. Wenn man sich das 1:1 anschaut. Und brennen heißt ja nicht nur immer attackieren, sondern auch im Kopf dabei zu sein. Wir haben zu oft den Gegenspieler freigelassen und nicht zugestellt, vor allem die Verteidiger. Da habe ich mir viel mehr erwartet. Das meine ich mit Brennen, das habe ich in anderen Spielen viel deutlicher gesehen. Da ist bei mir nicht der Funke übergesprungen. (...) Wir haben fünf Gegentore kassiert. Seit der EM 2016 haben wir immer ein Gegentor kassiert. Wenn du nicht gut verteidigst, wirst du auch nicht weiterkommen und nicht gewinnen.“
Sami Khedira (Weltmeister von 2014, ARD): „Flick hat sich etwas verzockt. Aber er hat es bei Bayern schon nachgewiesen. Er ist sehr klar, hat ein super Team und eine gute Spielidee. Er ist streng, aber gleichzeitig auch ein Menschenfänger. Ich würde mir wünschen, dass Hansi bleibt. Ich sehe ihn trotz des Ausscheidens als einen richtig guten Trainer.“
Dietmar Hamann (Ex-Nationalspieler, bei Sky): „Ich halte es für ausgeschlossen, dass wir mit dem Trainer weitermachen können. Wir haben nach diesem Debakel nur 18 Monate Zeit, das war ja jämmerlich. Wenn Flick denkt, er habe nicht die richtigen Spieler - dann hätte er den Job nicht machen sollen. Bei anderen Nationen wie Mexiko oder Belgien sieht man, was Verantwortung heißt. Wenn man sieht, wie sich die Mannschaft verkauft hat und dann mit vier Punkten ausscheidet, dann ist das einfach ungenügend. Ich habe keine Mannschaft auf dem Platz gesehen. Costa Rica hat in den ersten beiden Spielen einmal aufs Tor geschossen, und wir haben die aussehen lassen wie Brasilien. In der Mannschaft macht jeder das, was er will. Wenn ich einige Kommentare der Verantwortlichen höre, muss ich sagen, Verantwortung sieht anders aus.“
Fredi Bobic (Ex-Nationalspieler, Sport-Geschäftsführer Hertha BSC, bei MagentaTV): „Vielleicht sind einige über ihrem Zenit oder nicht mehr so hungrig. Wir brauchen wieder die Spieler, die auch mal die Ärmel hochkrempeln und in den entscheidenden Augenblicken ein Zeichen setzen. Das fehlt uns, das fehlt uns manchmal auch in der Liga, aber auch hier in der Nationalmannschaft. In den Turnieren brauchst du das. Es gibt ein paar Nationen, die uns das vormachen. Du musst die Balance finden zwischen dem schönen Fußball, den wir spielen können, aber auch dem erfolgsorientierten Fußball, wo du mehr brauchst als nur spielerische Klasse.“
Torsten Frings (Ex-Nationalspieler und ran-Experte): „Das war von der ersten Sekunde an ein schlechtes Turnier von uns und deswegen sind wir auch verdient ausgeschieden. Die anderen Teams waren einfach besser als wir. Es ist das erste Mal seit Jahren, dass Hansi Flick so richtig Gegenwind bekommt. Trotzdem bin ich fest davon überzeugt, dass Flick nach wie vor der richtige Mann ist für diesen Job.“
Rudi Völler (Weltmeister von 1990 und Ex-DFB-Teamchef im Kölner Stadt-Anzeiger): „Man hatte das Gefühl, dass die letzte Gier fehlt. Der letzte Wille, vorne das Tor erzielen und hinten das Tor verteidigen zu wollen. Wir hatten abgesehen von 1990 nicht immer die beste Mannschaft, aber wir haben dann doch immer wieder einen Weg gefunden, weit zu kommen, weil wir diese Gier hatten. Das habe ich bei dieser WM vermisst.“
Per Mertesacker (Weltmeister von 2014, ZDF): „Es ist bitter, das mit anzuschauen. Wir müssen zeigen, dass wir konstant Spiele kontrollieren. Das gilt offensiv wie defensiv. Wir haben haarsträubende Fehler gemacht und sind bestraft worden. Wir können es nicht mit Pech erklären - denn immer Pech ist dann halt auch Unvermögen. Unterm Strich haben wir es nicht verdient.“
Christoph Kramer (Weltmeister von 2014, ZDF): „Ich werde mich nicht entschuldigen, dass ich zuversichtlich hinter meinem Land stand. Ich war sehr positiv und wirklich überzeugt, dass die deutsche Mannschaft weit kommen würde. Ich bin eines Besseren belehrt worden. Das ist schon sehr bitter. Nach so einem Ausscheiden hast du keine Argumente - wer verliert, der hat nicht Recht.“