Katarische Kehrtwende? Symbol-Diskussionen sorgen weiter für Wirbel

Doha · Gastgeber Katar ändert angeblich seine restriktive Regenbogen-Politik, ein Ende der Diskussionen um Symbole bei der Fußball-Weltmeisterschaft ist aber keineswegs in Sicht.

Fans aus Belgien halten auf der Tribüne einen Schal und tragen T-Shirts mit der Aufschrift "One Love".

Fans aus Belgien halten auf der Tribüne einen Schal und tragen T-Shirts mit der Aufschrift "One Love".

Foto: dpa/Tom Weller

Keine weiteren Drohungen durch Sicherheitskräfte, keine Einlassverbote mehr an den Stadien: Mit der restriktiven Regenbogen-Politik soll bei der Fußball-WM angeblich Schluss sein. Doch trotz der zarten Zugeständnisse der umstrittenen Gastgeber überlagern die politischen Themen weiter das Sportliche – hinter der vermeintlichen katarischen Kehrtwende stehen einige Fragezeichen.

Wann endet das absurde Theater um die „One Love“-Binde? Was wird aus Katars fragwürdigem Umgang mit Regenbogen-Symbolen rund um die Stadien? Wie ernst meint es die Fifa mit den neuen Zusagen an den walisischen Verband? Nach nicht einmal einer WM-Woche ist klar: Der Weltverband bekommt in der Wüste genau das Turnier, das zahlreiche Stimmen so vorhergesagt hatten.

Immerhin: Nach massiver Kritik konnten die Waliser ihre bunten Botschaften am Freitag ohne Bedenken im Stadion präsentieren. Anders als in der Auftaktpartie gegen die USA waren Regenbogen-Symbole im Spiel gegen den Iran am Freitag für die Fans von Gareth Bale und Co. ausdrücklich erlaubt. Bei Freiheitsbotschaften der iranischen Anhänger etwa griffen die Ordner dagegen durch.

„Alle WM-Austragungsorte wurden kontaktiert und angewiesen, die vereinbarten Regeln und Vorschriften einzuhalten“, schrieben die Waliser, dies habe die Fifa mitgeteilt. Es sind Zusicherungen, die Katar und der Weltverband eigentlich schon vor dem Turnierstart immer wieder gegeben hatten. Dennoch sorgten zahlreiche Vorfälle, bei denen Sicherheitskräfte rigoros durchgegriffen hatten, für Kritik.

Auch deshalb wollte die Fifa laut einem Times-Bericht mit den Gastgebern in Kontakt treten, auf Anfrage ließ der Weltverband aber die Frage offen, ob neben den Walisern auch die anderen Verbände neue Zusagen zu Beginn der zweiten Runde der Gruppenphase erhalten hätten. Beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ging nach SID-Informationen jedenfalls nichts ein.

Die Debatte über den Umgang mit der Fifa und Katar läuft auf Hochtouren – mittendrin: der DFB und sein Präsident Bernd Neuendorf. Selbst eine ultimative Lösung scheint nicht mehr ausgeschlossen, nachdem der dänische Verbandsboss Jesper Möller sogar einen Austritt aus dem Weltverband ins Spiel gebracht hatte.

Und während in der Startphase der Katar-WM ein Ende der Diskussionen keineswegs in Sicht ist, bringt sich im Hintergrund schon der nächste umstrittene Golfstaat für das größte Sportereignis der Welt in Stellung. „Wer würde die WM nicht gerne ausrichten?“, fragte Saudi-Arabiens Sportminister im BBC-Interview rhetorisch. Es sei ein „großartiges Turnier, und es ist gut für jedes Land, ein solches Ereignis auszurichten“.

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Foto: AP/Ebrahim Noroozi

Die WM 2030 soll das Königreich laut Medienberichten längst im Visier haben, eine gemeinsame Bewerbung mit Ägypten und Griechenland ist im Gespräch. Neuer Zündstoff? Garantiert. Beim Eröffnungsspiel zwischen Katar und Ecuador weilte Infantino jedenfalls bereits mit einem Lächeln an der Seite des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman – jenem Herrscher, dem US-Geheimdienste den Mord am Journalisten Jamal Khashoggi vorwerfen.

(lonn/SID)
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