Erstmals Schiedsrichterinnen bei Fußball-WM Stephanie Frappart will sich „Gehör verschaffen“

Frankfurt · Erstmals werden Schiedsrichterinnen bei einer WM zum Einsatz kommen. Darunter auch Stephanie Frappart. Die Französin hat schon mehrfach Fußballgeschichte geschrieben. Daniel Siebert vertritt die deutschen Farben.

Stephanie Frappart.

Stephanie Frappart.

Foto: AP/Alessandra Tarantino

Schon drei Tage bevor Stephanie Frappart in Katar ankam, tanzten die großen Stars wieder einmal brav nach der Pfeife der kleinen Französin. Drei Elfmeter binnen 28 Minuten verhängte die Schiedsrichterin mit der zierlichen Figur in der Champions-League-Partie zwischen Real Madrid und Celtic Glasgow (5:1). Und sollte Frappart bei der WM als erste Unparteiische auf der größten Fußball-Bühne Geschichte schreiben, brauchen die Profis gar nicht erst auf Nachsicht zu hoffen.

„Ich bin nicht groß. Ich bin nicht so stark wie einige meiner männlichen Kollegen“, sagte die 1,64 „kleine“ Schiedsrichterin, die ihre Autorität durch die stets streng gekämmten Haare unterstreicht und meist beeindruckend gute Kritiken erhält: „Aber ich werde mir dennoch in jedem Fall Gehör verschaffen.“

Daran zweifelt kaum jemand. Schließlich ist es Frappart noch weit mehr als ihre frühere deutsche Kollegin Bibiana Steinhaus-Webb gewohnt, in die Geschichtsbücher eingetragen zu werden.

In den vergangenen dreieinhalb Jahren leitete sie als erste Frau ein Spiel der französischen Ligue 1, eine Partie der Champions League und eine Begegnung in der WM-Qualifikation. Es wäre eine große Überraschung, wenn Frappart bei der Endrunde nicht auch die Erste wäre.

Die 38-Jährige dürfte aufgrund ihrer Erfahrung den ebenfalls nominierten Salima Mukansanga (Ruanda) und Yoshimi Yamashita (Japan) zunächst vorgezogen werden. Neben den drei Schiedsrichterinnen hat der Weltverband FIFA die drei Assistentinnen Neuza Back (Brasilien), Karen Diaz Medina (Mexiko) und Kathryn Nesbitt (USA) nominiert. Sie gehören zu der erlesenen Gruppe von 36 Schiedsrichtern, 69 Assistenten und 24 Video-Offiziellen.

Die Berufung der Frauen ist nach Ansicht des FIFA-Schiedsrichterchef Pierluigi Collina „der Beweis dafür, dass die Qualität und nicht das Geschlecht“ zählt. „Ich hoffe, dass die Nominierung von Elite-Schiedsrichterinnen für wichtige Männerwettbewerben schon bald keine Sensation mehr, sondern eine Selbstverständlichkeit ist“, äußerte der Italiener: „Sie verdienen es, bei unserem Team dabei zu sein, weil sie konstant sehr gute Leistungen erbringen.“

Zu diesem Team, das sich in drei Trainingslagern auf die WM vorbereitet hat, gehören auch fünf (männliche) Deutsche. Der 38 Jahre alte Daniel Siebert aus Berlin, der schon bei der zurückliegenden EM im Einsatz war, wird nach dem internationalen Karriere-Ende von Felix Brych (München) pfeifen. Dazu kommen Sieberts Assistenten Rafael Foltyn (Wiesbaden) und Jan Seidel (Oberkrämer) sowie die Video-Schiris Bastian Dankert (Rostock) und Marco Fritz (Korb).

Sie alle bekommen bei der Endrunde eine technische Neuerung an die Hand. Durch die halbautomatische Abseitserkennung soll der Video-Assistent innerhalb von fünf Sekunden wissen, ob sich der Spieler im illegalen Bereich aufgehalten hat. Bis zur endgültigen Entscheidung nach einer Überprüfung durch den VAR sollen lediglich 25 Sekunden vergehen. Danach soll die Animation auf dem Videowürfel im Stadion und im TV zu sehen sein.

Solange die Technik und der VAR halbwegs funktionieren, werden allerdings die Frauen im Fokus stehen. Frappart hat damit kein Problem. „Wir haben große Fortschritte in den vergangenen Jahren gemacht. Es ist keine Überraschung mehr, Schiedsrichterinnen bei Männer-Spielen zu sehen“, sagte Frappart: „Wir sind jetzt mehr im Blickpunkt. Aber ich habe immer dafür geworben, dass wir für unsere Leistungen und nicht für unser Geschlecht beachtet werden.“

(sid/old)
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