Aktivist mit drei wichtigen Botschaften Regenbogen-Flitzer nach kurzem Arrest wieder frei

Update | Al-Rajjan · Ein Aktivist sendet während des WM-Spiels zwischen Portugal und Uruguay drei wichtige Botschaften in die Welt. Dann wird er abgeführt. Am Dienstagnachmittag gibt er Entwarnung.

WM 2022: Regenbogen-Fahne, Iran-Protest - Flitzer sorgt für Unterbrechung
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Flitzer rennt mit Regenbogen-Fahne und politschen Botschaften auf den Platz

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Foto: dpa/Tom Weller

Mit Regenbogenfahne und politischem Superman-Shirt rannte der Aktivist über den Rasen des Lusail-Stadions. „Save Ukraine“ auf der Vorderseite des blauen T-Shirts, auf der Rückseite „Respect for Iranian Woman“ - die drei Botschaften des Italieners beim WM-Spiel zwischen Portugal und Uruguay gingen am Montagabend um die Fußball-Welt. Am Morgen danach bestimmte die bange Frage das Turniergeschehen in Katar: Wie geht es dem Mann? Die Antwort gab Mario Ferri am frühen Nachmittag selbst: „Ich bin frei“. Rechtliche Konsequenzen müsse er nicht befürchten, schrieb er bei Instagram: „Ich danke allen für die Botschaften, die mich aus der ganzen Welt, dem Iran und der Ukraine erreicht haben.“

Zuvor hatte bereits das italienische Außenministerium die Freilassung bestätigt. „Nach einem kurzen Arrest wurde der Mann von den Behörden ohne weitere Konsequenzen freigelassen“, teilte das Ministerium auf AFP-Anfrage mit.

Die Aktion am Montagabend

Netzreaktionen: Flitzer mit Regenbogen-Fahne, politische Botschaft bei WM
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So reagiert das Netz auf den Flitzer mit der Regenbogen-Fahne

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Foto: dpa/Martin Rickett

Kurz, bevor es losging, hatte der Italiener Videos gepostet, er huldigte seinem großen „Idol“ Cristiano Ronaldo. Das, was folgte, kündigte er nicht an. Ferri lief über den Rasen, wurde von Ordnern gestoppt und in die Katakomben gebracht. Bei der TV-Übertragung wurden die Bilder nicht gezeigt, was allerdings seit Jahren im Weltfußball bei solchen Zwischenfällen üblich ist. Die Regenbogenflagge wurde von Schiedsrichter Alireza Faghani aufgehoben und vom Platz gebracht. Ferri nahm in seiner Stellungnahme Bezug auf das Verbot der „One Love“-Kapitänsbinde durch den Weltverband FIFA. „Sie haben alles verhindert, nur mich nicht. (…) Wir wollen eine freie Welt, die alle Menschen und alle Ideen respektiert“, schrieb er.

Die Folgen für den Aktivisten

Die FIFA und das WM-Organisationskomitee äußerten sich nicht - dafür aber Ferri ausführlich. „Die Regeln zu brechen, ist nie ein Verbrechen, wenn man es für eine gute Sache tut“, schrieb der Italiener, der bereits etliche Flitzer-Aktionen hinter sich hat - unter anderem beim deutschen WM-Spiel in Südafrika 2010 gegen Spanien. Auch bei der WM 2014 in Brasilien rannte er während der Achtelfinalpartie zwischen Belgien und den USA auf den Rasen, auf seinem Superman-Shirt stand „Rettet die Kinder der Favelas“. Doch jetzt scheint Schluss zu sein: „Ich werde es „The last Dance“ nennen, meinen letzten Lauf auf ein Spielfeld, ich wollte für mich wichtige Botschaften senden.“ Zunächst war befürchtet worden, der Aktivist könne für längere Zeit in Gewahrsam genommen werden.

Flitzer beim Fußball​: Politische Botschaften und nackte Tatsachen​
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Die bekanntesten Fußball-Flitzer

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Foto: dpa/Jan Woitas

Die Botschaften des Aktivisten

Die Regenbogenfahne ist ein zentrales Symbol für die LGBTQI*-Community. LGBT ist die englische Abkürzung für lesbisch, schwul, bisexuell und Transgender. Jeder Buchstabe steht für die eigene Geschlechtsidentität oder die sexuelle Orientierung. Homosexualität ist in Katar verboten und wird mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft. Der Schriftzug „Save Ukraine“ spielt deutlich auf den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine an. Nach eigenen Angaben war Ferri kurzzeitig „als Freiwilliger“ im Krieg in Kiew. „Respect for Iranian Woman“ beschäftigt sich mit dem Schicksal von Tausenden im Iran, wo seit Wochen gegen die Regierung und das islamische Herrschaftssystem protestiert wird. Die Aufstände werden oft von Frauen angeführt. Berichtet wird über viele Tote. Schiedsrichter Faghani ist Iraner.

Welche Parallelen bekannt sind

Grundsätzlich werden Flitzer im Fußball erst einmal zur Kasse gebeten, es gibt aber große Unterschiede bei der Rechtssprechung. Nachdem während des WM-Finales 2018 in Russland gleich vier Aktivisten der Polit-Punk-Gruppe Pussy Riot in Polizeiuniformen auf den Rasen gelangt waren, hatte ein Moskauer Gericht 15 Tage Arrest verhängt. In Katar könnte beim weiteren Vorgehen eine Rolle gespielt haben, dass nach der massiven Kritik in den Monaten und Jahren vor der Endrunde internationale Medien sehr genau auf die Behandlung des Regenbogen-Aktivisten geblickt haben.

Was im Stadion gesagt wurde

„Ich hoffe, dass dem Jungen nichts passiert“, sagte der portugiesische Mittelfeldspieler Rúben Neves nach der Partie, die Portugal die Teilnahme am Achtelfinale sicherte. „Wir alle haben seine Botschaft verstanden, die ganze Welt.“

(dpa/old/afp)
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