Ancelotti, Zidane, Tuchel, Mourinho Große Namen als neue Nationaltrainer im Gespräch

Düsseldorf · Die Nationalteams von Brasilien und wohl auch Portugal stehen nach ihrem WM-Aus bereits ohne Trainer da. Der aktuelle England-Coach Gareth Southgate scheint ebenso über einen Rücktritt nachzudenken, wie Frankreichs Teamchef Didier Deschamps. Als mögliche Nachfolger werden jeweils absolute Startrainer gehandelt.

  Carlo Ancelotti ist einem Medienbericht zufolge der Top-Kandidat auf den Trainerposten bei Brasiliens Fußball-Nationalteam.

Carlo Ancelotti ist einem Medienbericht zufolge der Top-Kandidat auf den Trainerposten bei Brasiliens Fußball-Nationalteam.

Foto: AP/Jan Kruger

Ein so großes Turnier wie eine Weltmeisterschaft bringt meist immer auch personelle Veränderungen auf der Trainerbank mit sich – sei es durch Misserfolg oder durch das Abdanken nach einem großen Triumph. In den nächsten Wochen und Monaten könnte es bei gleich mehreren Top-Nationen zu einem Trainerwechsel kommen. Und dann sind jeweils auch noch richtig große Namen im Gespräch. Eine Übersicht.

Brasilien

Mit emotionalen Worten hat sich Brasiliens Fußballstar Neymar vor wenigen Tagen von seinem langjährigen Nationaltrainer Tite verabschiedet. „Du hättest es verdient gehabt, mit dem Pokal gekrönt zu werden“, schrieb Neymar auf Instagram: „Danke, Professor Tite, für all das Lernen.“ Der 61-jährige Tite hatte schon vor der WM angekündigt, dass er nach dem Turnier in Katar zurücktreten wird. Nach dem überraschenden Viertelfinal-Aus gegen Kroatien wurde dieser Abgang nun schon schneller vollzogen, als es viele Brasilianer im Vorfeld des Turniers hofften.

Die Seleção steht nun vor dem Umbruch. Kapitän Thiago Silva ist bereits zurückgetreten, Neymar zweifelt noch und ein Nachfolger von Tite ist noch nicht gefunden. Allerdings führt in dieser Hinsicht nun eine heiße Spur nach Madrid.

So soll Carlo Ancelotti einem Medienbericht zufolge der Top-Kandidat auf den Trainerposten bei Brasiliens Fußball-Nationalteam sein. Wie das Internetportal „UOL Esporte“ am Montag mit Bezug auf Verbandsquellen berichtet, ist der aktuelle Coach von Real Madrid bereits im Oktober erstmals kontaktiert worden. Demnach habe er sich offen für weitere Gespräche und konkrete Verhandlungen gezeigt, sobald der Posten frei würde.

Ancelotti hat in Madrid noch einen Vertrag bis zum 30. Juni 2024. Zudem hatte der 63-Jährige im Spätsommer eigentlich gesagt, dass er nach der Zeit in Madrid seine Karriere beenden werde. Laut „UOL Esporte“ könne er sich nun aber vorstellen, ab Sommer 2023 die Seleção zu übernehmen.

Möglicherweise könnte es Ancelotti reizen, vor seinem Karriereende noch einmal ein Nationalteam zu trainieren. Bislang war der ehemalige Coach von Bayern München als Cheftrainer immer nur bei Vereinen eingestellt. Nur bei der WM 1994 betreute er unter Arrigo Sacchi als Co-Trainer die italienische Nationalmannschaft, mit welcher er das Finale erreichte, das mit 2:3 im Elfmeterschießen gegen Brasilien verloren wurde. Der 63-Jährige kennt durch seine Zeit in Madrid bereits mehrere brasilianische Nationalspieler wie Vinicius Junior, Rodrygo, Eder Militao oder Casemiro.

Einer Umfrage zufolge wünschen sich die brasilianischen Fans jedoch einen anderen Startrainer. Laut ihnen sollte Pep Guardiola, der Meistermacher von Manchester City, künftig für die Geschicke der Seleção verantwortlich sein. Allerdings hat Guardiola erst im November seinen Vertrag bei den Engländern um zwei weitere Jahre bis 2025 verlängert. Der Name Ancelotti scheint daher wahrscheinlicher.

Portugal

Auch in Portugal muss sich wohl nach einem neuen Nationaltrainer umsehen. Einem Medienbericht zufolge hat sich der bisherige Coach Fernando Santos mit dem Verband darauf geeinigt, dass seine Amtszeit nun endet.

Der 68 Jahre alte Santos hatte die Mannschaft um Superstar Cristiano Ronaldo 2014 übernommen und zum Europameistertitel 2016 geführt. Sein Vertrag läuft noch bis 2024. Nach dem enttäuschenden 0:1 im WM-Viertelfinale gegen Marokko hatte der Coach aber bereits angekündigt, mit dem Verband in Ruhe über seine Zukunft sprechen zu wollen.

In Portugal wurde bereits über Trainer-Ikone José Mourinho als möglicher Nachfolger von Santos spekuliert. Der 59 Jahre alte Portugiese trainiert seit 2021 den Serie-A-Club AS Rom. Gerüchten zufolge könnte Mourinho eine Art Doppelfunktion ausüben und sowohl den Posten als Nationaltrainer annehmen als auch Coach in Rom bleiben. Die portugiesische Zeitung „A Bola“ nannte als mögliche weitere Kandidaten U21-Trainer Rui Jorge, den ehemaligen Wolverhampton-Coach Bruno Lage oder den aktuellen Fenerbahçe-Trainer Jorge Jesus.

England

Die englischen Fußball-Experten rätseln derzeit über die Gedanken von Nationaltrainer Gareth Southgate. „Ich brauche Zeit, ich will die richtige Entscheidung treffen - für das Team, für England, für den Verband“, sagte der ehemalige Verteidiger nach dem WM-Aus gegen Weltmeister Frankreich.

Bleibt der 52-Jährige und erfüllt auch nach dem bitteren WM-Aus im Viertelfinale von Katar seinen bis 2024 gültigen Vertrag? Oder sucht Southgate nach sechs Jahren Three Lions eine neue Herausforderung? Diese Frage ist noch nicht geklärt. Allerdings wird schon jetzt spekuliert, welche Trainer auf Southgate folgen könnten, falls dieser von seinem Posten zurücktritt.

Ein potenzieller Nachfolge-Kandidat soll Thomas Tuchel sein, der im Januar noch zum Welttrainer gewählt wurde und im September dann völlig überraschend beim FC Chelsea entlassen wurde. Der deutsche Teammanager hat sich durch seinen Champions-League-Sieg mit den Londonern bereits in England einen Namen gemacht. Die Frage ist nur, ob der englische Verband im Falle eines Abgangs von Southgate wirklich auf einen deutschen Trainer setzen oder doch eher einen britischen Coach bevorzugen würde.

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Foto: dpa/Oliver Weiken

Frankreich

Während die Nationalteams von Brasilien, Portugal und England bereits aus dem WM-Turnier in Katar ausgeschieden sind, ist Frankreich noch dabei und trifft am Mittwoch (20.00 Uhr MEZ/ZDF und MagentaTV) im WM-Halbfinale auf Marokko. Nationaltrainer Didier Deschamps wandelt mit seiner Mannschaft also weiter auf den Spuren der brasilianischen Auswahl, die 1962 den WM-Titel zum zweiten Mal in Folge gewinnen und damit erstmalig - und bis heute einmalig - verteidigen konnte.

Doch obwohl Deschamps so erfolgreich arbeitet, wird in Frankreich schon viel über einen möglichen Nachfolger diskutiert. Denn der Vertrag des ehemaligen Mittelfeldspielers läuft nach der WM aus und möglicherweise könnte Deschamps nach einem weiteren Weltmeistertitel auch abdanken – viel mehr kann er schließlich als Nationaltrainer nicht erreichen.

Vor dem Turnier in Katar hieß es sogar schon, dass sein Abschied beschlossene Sache sei. Mit Zinedine Zidane stünde bereits ein Nachfolger parat. Doch Frankreichs Verbands-Präsident Noel Le Graët erklärte zuletzt, dass er auf einen Verbleib von Deschamps hofft: „Wenn Sie darauf bestehen, will ich ehrlich sein: Mein Wunsch ist es, dass Didier bleibt“, sagte er in einem Interview mit „Le Figaro“: „Wenn man das Glück hat, einen Didier Deschamps zu haben, klopft man nicht an die nächste Tür, solange er da ist.“ Der 80 Jahre alte Le Graët gilt als Freund von Deschamps, „aber hier spricht der Präsident, nicht der Freund“, sagte er.

Zidane, der bis Sommer 2021 Real Madrid trainierte, hoffe wiederum seit Langem auf das Amt des französischen Nationaltrainers, berichten mehrere Medien. Deshalb soll er extra im Sommer bei Paris Saint-Germain abgesagt haben. Der Haken für Deschamps: Der Verbleib seines Förderers Le Graët ist wegen interner Querelen nicht sicher.

Alles hängt also an Deschamps. Sollte dieser sich nach der WM in Katar also wirklich dazu entschließen, das Nationalteam zu verlassen, würde mit Zidane der wahrscheinlich beste und vielversprechendste Kandidat sofort bereit stehen.

(dni mit dpa)
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