Blatter über WM-Gastgeber mit 48 Teams „Deutschland kann alles“

Moskau · Der frühere FIFA-Präsident Sepp Blatter traut Deutschland als einem von wenigen Ländern auch die alleinige Ausrichtung einer Fußball-Weltmeisterschaft mit 48 Teams zu. Von den Reformplänen seines Nachfolgers Gianni Infantino hält er aber nicht viel.

 Der ehemalige Fifa-Präsident Joseph „Sepp“ Blatter.

Der ehemalige Fifa-Präsident Joseph „Sepp“ Blatter.

Foto: dpa/Federico Gambarini

„Deutschland kann alles, ganz ehrlich“, sagte der 82 Jahre alte Schweizer der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag in Moskau. Der Deutsche Fußball-Bund bewirbt sich derzeit für die EM 2024, einziger Kontrahent ist die Türkei.

Für die WM 2030 erachtet Blatter England gemeinsam mit Schottland, Wales und möglicherweise Nordirland als potenziellen Gastgeber. Es wäre an der Zeit, dass das Mutterland des Fußballs nach der WM 1966 wieder ein Weltturnier ausrichtet. Allerdings wollte er sich im möglichen Wettstreit mit der Südamerika-Bewerbung aus Argentinien, Uruguay und Paraguay sowie einem erneuten Anlauf von Marokko nicht auf einen Favoriten festlegen. Die erste auf 48 Teams erweiterte WM findet in acht Jahren in den USA, Mexiko und Kanada statt.

Die Reformpläne seines Nachfolgers Gianni Infantino, darunter auch die Ausdehnung der WM bereits im Jahr 2022, stößt bei Blatter jedoch auf Kritik. "Ich bin nicht mit all seinen Ideen einverstanden. Ich bin so lange dabei, ich erlaube mir, das zu sagen", sagte der 82-Jährige dem SID.

Infantino hatte direkt vor der WM für sein Vorhaben im Zuge eines 25-Milliarden-Angebots eines mysteriösen Konsortiums eine Reform der Klub-WM mit 24 Mannschaften und eine neue Weltliga für Nationalmannschaften ins Gespräch gebracht. Im Fifa-Council hatte es dafür momentan nicht den nötigen Rückhalt gegeben.

Auch die Überlegung, dass die WM 2022 bereits mit 48 Mannschaften gespielt wird, ist erst einmal vom Tisch. "Man muss aufpassen, dass die Fifa ihr Limit sieht und nicht plötzlich ein Monster wird", sagte Blatter. In seiner eigenen Amtszeit sei der Weltverband laut Meinung des Schweizers bereits am Rande eines Monsters gewesen.

Ob die Kritik an seinen Plänen Infantino bei seiner geplanten Wiederwahl 2019 behindern könnte, wagte Blatter nicht zu sagen: "Er hat eine andere Sicht vom Fußball. Die Uefa hat sich da auch gewehrt. Ob das jetzt einen Einfluss auf seine Zukunft hat... Wichtig ist jetzt, dass er die WM gut durchbringt", sagte Blatter.

„Momentan ist Putin nicht ganz euphorisch“

Der frühere Weltverbands-Chef ist derzeit für sechs Jahre von allen Fußball-Aktivitäten gesperrt, befindet sich aber auf Einladung von Kremlchef Wladimir Putin in Russland.

Russlands Staatschef Wladimir Putin hat er beim gemeinsamen Treffen allerdings reserviert erlebt. "Momentan ist er nicht ganz euphorisch, weil er noch nicht fertig ist", sagte Blatter. Besonders der gute Start der russischen Mannschaft sorge aber für Freude beim Kreml-Boss.

"Wie das gestartet ist mit den zwei Siegen, und dass die Quoten gut sind - das schätzt er natürlich mit einem Lächeln", sagte Blatter, der Putin am Mittwoch in seinem Apartment im Kreml getroffen hatte. Am selben Tag hatte der 82-Jährige das Vorrundenspiel Portugal gegen Marokko (1:0) im Luschniki-Stadion besucht. Seine Reise führt Blatter nun weiter nach St. Petersburg, wo er am Freitag (14 Uhr MESZ/ZDF) die Partie zwischen Costa Rica und Brasilien anschauen wird.

Über die schwierige politische Lage habe Blatter mit Putin jedoch nicht gesprochen. Generell solle die Politik laut Blatter während der WM in den Hintergrund rücken. Zuletzt hatte der Westen behauptet, dass der Giftanschlag auf den russischen Ex-Spion Sergej Skripal in Großbritannien Russland anzulasten sei. Dies hatten die Russen allerdings vehement bestritten.

"Man muss Brücken bauen und das ist der Fall hier in Russland", sagte Blatter: "Und vielleicht gibt es nach der WM einen anderen Eindruck davon, was Russland ist. Aber politische Probleme werden durch die WM kaum gelöst."

(togr/dpa/SID)
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