Schweizer Sieg gegen Serbien Xhaka und Shaqiri sorgen mit Jubel für Eklat - Kristajic fordert Prozess für Brych

Kaliningrad · Ein Spiel mit Folgen: Xherdan Shaqiri und Granit Xhaka schießen die Schweiz in Richtung Achtelfinale und provozieren die Serben, die ihrerseits den deutschen Schiedsrichter Felix Brych vor das Kriegsverbrecher-Tribunal stellen wollen.

WM 2018: Granit Xhaka jubelt mit „albanischem Adler“
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Granit Xhaka jubelt mit „albanischem Adler“

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Foto: REUTERS/GONZALO FUENTES

Als Xherdan Shaqiri genervt aus der Arena Baltika von Kaliningrad abdampfte, hatte das Schweizer "Adlergate" längst die politische Ebene erreicht. Der provokative Jubel des Matchwinners und seines kongenialen Spielpartners Granit Xhaka erhitzte nach dem 2:1 (0:1)-Sieg die Gemüter. In der Alpenrepublik ging es nach der Doppeladler-Geste in dem brisanten Match hoch her. Emotional aufgeheizt waren aber auch die Serben - wegen Schiedsrichter Felix Brych (München).

"Wir wurden bestohlen", sagte Trainer Mladen Krstajic am Samstag. Auf die Frage, ob er Brych die Gelbe oder Rote Karte für dessen Leistung zeigen würde, verstieg sich der ehemalige Schalker und Bremer zu dem skandalösen Satz: "Ich würde ihm weder Gelb noch Rot geben, sondern ihn nach Den Haag schicken. Damit sie ihm den Prozess machen, wie sie ihn uns gemacht haben."

Den Haag in den Niederlanden ist der Sitz des UN-Kriegsverbrechertribunals für das ehemaligen Jugoslawien. Krstajic könnten nun Konsequenzen von der FIFA-Disziplinarkommission drohen. Man könne aber noch nicht von eingeleiteten Untersuchungen sprechen, teilte der Weltverband mit.

WM 2018: Presse kritisiert Granit Xhaka und Xherdan Shaqiri für Torjubel
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"Der Doppeladler-Jubel ist unnötig und dumm"

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Foto: dpa/Laurent Gillieron

Serbien sah in einem vermeintlichen Foul an Aleksandar Mitrovic (66.), der seine Mannschaft früh in Führung gebracht hatte (5.), einen Anlass für einen Elfmeterpfiff von Brych. Doch der blieb aus, und auch die Video-Assistenten Felix Zwayer (Berlin) und Bastian Dankert (Rostock) griffen nicht ein. Die Serben legten bei der FIFA "in Zusammenhang" mit dem Spiel sogar Protest ein - dies bestätigte der Weltverband dem SID, nannte aber keine weiteren Details.

Die Schweizer haben derweil ihren eigenen Aufreger: Etliche Politiker unterschiedlicher Parteien werteten das Verhalten der früheren Bundesliga-Spieler auf der Weltbühne als "unnötig" oder "Dummheit" - die Schweizer Stars rechtfertigten sich mit ihren "großen Emotionen" in einem "besonderen Spiel". Die hervorragenden Aussichten der Eidgenossen auf den Achtelfinal-Einzug rückten zeitweise in den Hintergrund.

Auch in den Medien handelten sich die Hauptprotagonisten eines umkämpften und spannenden WM-Duells viel Kritik ein. "Xhaka und Shaqiri fehlt die politische Sensibilität", schrieb die Neue Zürcher Zeitung. "Xhaka und Shaqiri sind geniale Dummköpfe", titelte das Boulevardblatt Blick.

Die Profis mit kosovo-albanischen Wurzeln hatten Xhakas Ausgleich (52.) und den späten Siegtreffer von Shaqiri (90.) gefeiert, indem sie das albanische Wappentier mit ihren Händen nachahmten. Für Teile der serbischen Fans war dies ein Affront. Die Beziehungen im Balkangebiet sind noch immer angespannt.

Das weiß auch Shaqiri, der am Ende eines Interviewmarathons mit der Trophäe des besten Spielers entnervt abzog. "Ich habe jetzt schon mehrfach gesagt, dass ich nicht darüber sprechen will", herrschte er einen Journalisten an, es gehe nicht um Politik, sondern um Fußball. "Dieser Sieg war für meine Familie, die mich immer unterstützt", sagte Xhaka beim Fernsehsender SRF: "Der Jubel war keine Message an den Gegner."

Bei aller Kritik stießen die Leistungsträger durchaus auch auf Verständnis - vor allem in den eigenen Reihen. "Nati"-Kapitän Stephan Lichtsteiner zeigte ebenfalls die umstrittene Geste. "Wir mussten uns im Vorfeld vom serbischen Außenminister Dinge anhören wie: Gegen wen spielen wir eigentlich? Gegen den Kosovo? Gegen Albanien? Oder gegen die Schweiz?", sagte der Routinier dem Blick.

Trainer Vladimir Petkovic hakte das Nebengeplänkel, das ans deutsche "Erdogate" um Mesut Özil und Ilkay Gündogan erinnert, dagegen schnell ab und beschäftigte sich vielmehr mit den exzellenten Aussichten auf die Runde der letzten 16 - ein Punkt reicht im abschließenden Gruppenduell mit Costa Rica am Mittwoch. "Wir wollen noch mehr zeigen", sagte Petkovic: "Der erste Platz in der Gruppe ist möglich." Vor Turnierfavorit Brasilien. Die Südamerikaner sind im Parallelspiel Gegner der bitter enttäuschten Serben.

(lt/dpa/sid)
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