Düsseldorfer Fans bei der WM „Das Turnier hat Russland weltoffen gemacht“

Düsseldorf · Alexander Botvinnik ist in Moskau geboren, lebt aber schon seit 20 Jahren in Deutschland, davon die Hälfte in Düsseldorf. Zur WM ist er in seine Heimat geflogen und macht mit seinem Sohn WM-Urlaub. Im Gespräch mit unserer Redaktion beschreibt er, wie er sein Heimatland während der WM erlebt und wieso sein Sohn und dessen Kumpel kleine Stars sind.

WM 2018: Düsseldorfer auf WM-Tour durch Russland
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Düsseldorfer auf WM-Tour durch Russland

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Foto: Alexander Botvinnik

Wir erwischen Alexander Botvinnik bei einer Rundfahrt auf einem Schiff über die Wolga in Nischni Nowgorod. „Wir müssen unseren Jungs ja ein bisschen Programm bieten, deshalb machen wir auch mal so etwas“, sagt der Angestellte eines Düsseldorfer Energieunternehmens im Gespräch mit unserer Redaktion. In der Nacht geht es mit dem Zug ab zum nächsten Spielort, diesmal nach Kasan. Dort kämpft die deutsche Nationalmannschaft am Mittwoch gegen Südkorea um den Einzug ins Achtelfinale. „Ich hoffe natürlich, sie gewinnen“, sagt der 35-Jährige.

Gemeinsam mit seinem Sohn Julius (5), dem deutschen Freund Sebastian Behnke (37) und dessen Sohn Max (5) reist Botvinnik acht Tage durch Russland. Seine Frau ist mit der zehn Monate alten Tochter Elina in Moskau bei Verwandten geblieben. „Wir machen quasi einen Vater-Sohn-Ausflug“, sagt er. Die Reise haben die beiden Familien schon lange geplant. Im vergangenen Herbst suchten sich Alexander und sein Freund eine Route durch Russland aus - ohne vorher zu wissen, welche Mannschaft an welchem Tag wo spielt. „Das haben wir in Kauf genommen und bislang ein bisschen Glück gehabt“, sagt der Familienvater. Da die beiden Kinder noch recht jung sind, haben sich Botvinnik und sein Freund auf die Karten für die frühen Spiele beworben und diese auch bekommen. So waren sie am Sonntag beim 6:1-Erfolg der Engländer gegen Panama im Stadion oder auch beim Spiel zwischen Russland und Ägypten (3:1).

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Foto: AFP/KIRILL KUDRYAVTSEV

Vor allem die beiden Jungs sind zu kleinen Stars geworden. „Sie haben Spaß daran gefunden, den Namen einer Mannschaft zu rufen, die am jeweiligen Ort spielt. Die Fans der Länder fanden das natürlich ganz toll. Vor allem die Menschen aus Panama. Die haben den beiden dann Panamahüte aufgezogen und mit ihnen abgeklatscht, das war schon sehr herzlich“, sagt Botvinnik.

Generell sei die Stimmung in seinem Heimatland besser, als er es vor der WM erwartet hat. „Ich muss schon sagen, ich bin positiv überrascht“, sagt er. Das liegt natürlich zum einen am bisherigen Abschneiden der russischen Nationalmannschaft, die ihre ersten beiden Spiele souverän gewann, gegen Uruguay zwar eine Niederlage hinnehmen musste, aber dennoch die Gruppenphase überstand. „Das ist natürlich immer gut für die Stimmung, wenn der Gastgeber so spielt“, sagt der gebürtige Russe.

Zum anderen tragen vor allem die Fans aus Süd- und Mittelamerika viel zu der guten Stimmung im Land bei. Die Fans des WM-Debütanten Panama beispielsweise haben bei ihrem ersten Tor bei einer Fußball-Weltmeisterschaft gejubelt, als hätten sie gerade den Titel gewonnen, beschreibt Botvinnik. „Die Stimmung vor und im Stadion überträgt sich auf die Einheimischen, das kann man schon erkennen“, sagt er. Nach dem Tod des russischen Diktators Josef Stalin im Jahr 1953 wurde der Begriff „Ottepel“ („Tauwetter“) geprägt. Damit wurde damals die Auflockerung und die größere Freiheit der inneren Kultur in den Staaten des Ostblocks beschrieben. Und diesen Begriff wenden russische Medien auch jetzt bei der WM wieder an. „Ich habe das erst heute in einer russischen Zeitung gelesen. Für mich passt der Begriff perfekt zur bisherigen WM“, sagt Botvinnik: „Hier sind so viele Fans aus so vielen verschiedenen Ländern, das steckt an.“

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Foto: dpa/Federico Gambarini

Doch sein bisheriges Highlight hat Botvinnik nicht im Stadion, sondern am Fernseher im Hotel erlebt: Beim Siegtreffer von Toni Kroos in der Nachspielzeit gegen Schweden sei Botvinnik „ausgeflippt“, wie er sagt: „Da sind bestimmt einige von wach geworden.“ Sollte Deutschland jetzt gegen Südkorea gewinnen, sei „alles möglich“, meint er. Seinem Geburtsland aber traut er nicht viel mehr als das Viertelfinale zu. „Mit der Euphorie ist vielleicht noch ein Sieg im Achtelfinale drin, mehr aber auch nicht. Aber das ist schon ein Erfolg, weil vor dem Turnier alle skeptisch waren, was das Abschneiden der russischen Mannschaft anging“, sagt Botvinnik.

Sein Begleiter Behnke war bereits vor neun Jahren schon einmal in Moskau. Und er bringt es auf den Punkt: „Man hat sich für die WM sehr viel Mühe gegeben, das Turnier hat Russland weltoffen gemacht“, sagt er. Hoffentlich behält sich Russland dies auch nach der WM bei. Wünschenswert wäre es.

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