Wohin mit De Bruyne und Hazard? Belgien und die Quadratur des Kreises

Moskau · In England ein Star, in Belgien nur die Nummer zwei: Kevin De Bruyne von Manchester City muss bei der WM seine Ansprüche zurückstellen.

 Sucht noch nach seiner Rolle im Team der belgischen Nationalmannschaft: ManCity-Star Kevin de Bruyne.

Sucht noch nach seiner Rolle im Team der belgischen Nationalmannschaft: ManCity-Star Kevin de Bruyne.

Foto: dpa/Bruno Fahy

Eine kurze Körpertäuschung, eine butterweiche Flanke mit dem rechten Außenrist auf den Kopf von Romelu Lukaku, Tor - es sind Momente wie diese beim WM-Auftakt der Belgier gegen Panama, die den unschätzbaren Wert von Kevin De Bruyne zeigen. Doch während "King Kev" beim englischen Meister Manchester City Dreh- und Angelpunkt ist, spielt er im Offensiv-Arsenal der Roten Teufel nur die zweite Geige.

Der Spieler, der dem ehemaligen Wolfsburger dort vor der Sonne steht, ist Kapitän Eden Hazard. Und genau dies stellt Nationaltrainer Roberto Martinez vor seine wohl schwierigste Aufgabe beim ewigen Geheimfavoriten: Wie bringe ich die Qualitäten von zwei Weltklasse-Spielmachern auf den Rasen, ohne sie in ihrem Spiel gegenseitig zu beschränken? Die Lösung gleicht der Quadratur des Kreises.

"Eden ist in einer großartigen Phase seiner Karriere. Er ist Kapitän, er ist im richtigen Alter, er schießt Tore", lobte Martinez den 27 Jahre alten Star des FC Chelsea. Beim 3:0 gegen Panama ließ Martinez in einem 3-4-2-1-System spielen, in dem De Bruyne im defensiven Mittelfeld agierte und Hazard hinter der Spitze Lukaku. Im zweiten Gruppenspiel gegen Tunesien am Samstag (14.00 Uhr MESZ/ARD) wird der Coach wohl auf die gleiche Formation vertrauen.

"Ich muss nicht der zentrale Spieler sein. Ich bevorzuge, dass Eden unser wichtigster Spieler ist", sagte De Bruyne in der englischen Zeitung The Sun und fand sich mit seiner Rolle ab: "Die Chance, dass ich entscheidend zu Toren beitrage, ist höher, wenn ich weiter vorne spiele. Aber das will der Coach nicht von mir."

Auf seiner defensiveren Position soll der 26 Jahre alte Taktgeber sein, wie etwa Weltmeister Toni Kroos bei Real Madrid. Allerdings beraubt Martinez ihn damit auch seiner Stärken im Torabschluss sowie beim entscheidenden Pass.

"Er spielt jetzt in einer Rolle, die alle Spieler um ihn herum beeinflusst. Er entscheidet, wann wir angreifen und wann nicht", sagte der Trainer. De Bruyne hat sich jedenfalls mit seiner neuen Position abgefunden: "Es ist ein anderer Weg, um zu glänzen. Aber es ist ein entscheidender."

Das Problem ist in Nationalmannschaften nicht neu. Bestes Beispiel waren in der jüngeren Vergangenheit die Engländer, die ein ums andere Turnier daran scheiterten, die Klasse von Frank Lampard und Steven Gerrard optimal zu kombinieren.

Und auch Deutschland kennt sich aus: In den 1960er- und 1970er-Jahren waren Wolfgang Overath und Günter Netzer weltklasse in ihren Vereinen - im DFB-Dress konnten sie zusammen nicht glänzen.

Und auch in Belgien ist die Frage nach dem passenden System eine leidige. Schon dem ehemaligen Nationaltrainer Marc Wilmots wurde nach dem peinlichen Viertelfinal-Aus bei der EM 2016 gegen Wales vorgeworfen, die Stärken von De Bruyne und Hazard nicht zur Geltung bringen zu können.

Nun darf sich Martinez daran versuchen. Doch sein Erfolgsrezept ist ohnehin ein anderes: "Es ist ein Privileg, diese Spieler zu haben. Ich will sehen, dass sie ihren Fußball genießen - dann können sie alles schaffen."

(sid)
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