Skandal um WM 2006 Ermittlungen gegen Niersbach und Zwanziger dauern an

Frankfurt/Main · In der WM-Affäre ist auch ein Dreivierteljahr nach der Razzia bei Deutschen Fußball-Bund (DFB) noch kein Ende der Ermittlungen gegen die früheren Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie den ehemaligen Generalsekretär Horst R. Schmidt in Sicht. Das bestätigte die Frankfurter Staatsanwaltschaft dem Sport-Informations-Dienst.

WM 2006: Die Chronologie der DFB-Affäre
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Foto: dpa

Gegen alle drei Ex-Funktionäre, deren Häuser am 3. November 2015 im Zusammenhang mit der weiter ungeklärten Zahlung der deutschen WM-Macher von 2006 über 6,7 Millionen Euro an den Weltverband Fifa ebenfalls durchsucht wurden, ermittelt die Justiz wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung rund um die Vergabe des WM-Turniers. "Wann und gegebenenfalls wie das Verfahren abgeschlossen werden wird, kann und will ich nicht prognostizieren", sagte Oberstaatsanwältin Nadja Niesen: "Ich kann lediglich bestätigen, dass die Ermittlungen andauern. Zu einzelnen Ermittlungshandlungen werden keine Angaben gemacht."

Niesen bezog auf einen Bericht der "Bild", wonach die Ermittler Fortschritte bei der Aufklärung gemacht haben. So seien die Einlassungen von WM-Organisationschef Franz Beckenbauer laut eines Ermittlungsvermerks "auszuschließen" und Verbindungen zur Wiederwahl des früheren Fifa-Präsidenten Joseph S. Blatter (Schweiz) im Jahr 2002 möglich.

Der DFB teilte am Dienstag auf Anfrage mit, dass er "weiter auf die vollumfänglich zugesicherte Kooperation und Unterstützung der staatlichen Stellen bei ihren laufenden Ermittlungen" setzt.

Konkret geht es um 6,7 Millionen Euro, die 2005 vom deutschen WM-Organisationskomitee über die Fifa mutmaßlich an den früheren adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus überwiesen worden sind. Exakt diese Summe war drei Jahre zuvor offenkundig in Form von Vorleistungen von Beckenbauer und Louis-Dreyfus an den früheren Fifa-Skandalfunktionär Mohamed bin Hammam nach Katar geflossen.

Für die Überweisung an die Fifa täuschten die WM-Macher 2005 vorsätzlich einen Anlass (WM-Kulturprogramm) vor. Weil sich die Zahlung durch die Verschleierung für den DFB allerdings später auch steuermindernd auswirkte, ermittelt die Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung.

Auf die Frage nach dem Grund für den Geldfluss wird nach wie vor über drei mögliche Antworten spekuliert:

  1. Das Geld wurde zum Kauf einer oder mehrerer Stimmen aus Asien benutzt, damit Deutschland den Zuschlag für die WM-Endrunde erhält. Der oder die Empfänger hätten dann allerdings lange auf ihre Gegenleistung warten müssen, da über das Austragungsland schon zwei Jahre zuvor im Exekutivkomitee des Weltverbandes Fifa (12:11 gegen Südafrika) abgestimmt wurde.
  2. Mit den Millionen wurde der Wahlkampf des damaligen Fifa-Präsidenten Blatter finanziert. Doch auch das wäre rückwirkend gewesen, da Blatter schon kurz vor der Überweisung im Jahr 2002 wiedergewählt wurde.
  3. Das Geld war eine Art Provision für Bin Hammam, der mittlerweile lebenslang gesperrt ist. Damit sollte sichergestellt werden, dass das damalige Mitglied der Fifa-Finanzkommission für eine Aufstockung des WM-Zuschusses auf die am Ende gezahlten 170 Millionen Euro Millionen sorgt.

Die dritte Variante kommt der Beckenbauer-Einlassung immerhin nahe. Der OK-Boss hatte stets davon gesprochen, dass die 6,7 Millionen Euro an die Fifa-Finanzkommission gingen, um im Gegenzug die 170 Millionen zu erhalten. Dem widerspricht allerdings der Weltverband.

Die "Bild" berichtet zudem über eine zurückliegende Durchsuchung im Haus des verstorbenen Ex-DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder und einen weiteren Bericht der Kanzlei Freshfields, der unter Verschluss gehalten werde. Zudem soll die Kanzlei, die vom DFB als Ermittler engagiert wurden, ihre Befragungsprotokolle noch nicht der Staatsanwaltschaft übergeben haben. Auch diese Punkte wollte Niesen "weder bestätigen noch dementieren".

(seeg/sid)
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