Auch Olympia in der Wüste? Wie Katar den Sport kauft

Wie die Golfregion den Sport kauft: In fast jeder populären Sportart finden oder fanden die Saisonhöhepunkte am Persischen Golf statt. Aber warum?

Fußball-EM 2024 in Deutschland: die Stadien und Spielorte
22 Bilder

EM 2024 - Stadien und Spielorte in Deutschland

22 Bilder
Foto: dpa/Alexander Hassenstein

Das Zentrum des Weltsports liegt mitten in der Wüste: Im Schatten der polarisierenden Fußball-WM 2022 in Katar haben die Emirate am Persischen Golf für das kommende Jahrzehnt die Großereignisse von so gut wieder jeder Sportart an Land gezogen. Selbst Olympische Spiele sind in der kleinen, aber unfassbar reichen Region längst kein Ding der Unmöglichkeit mehr — mit Geld geht im Sport (fast) alles!

Bereits im Januar wird in Katar die Handball-WM der Männer ausgetragen, die nächsten Höhepunkte bis 2022 sind die Welttitelkämpfe im Straßenradfahren (2016), Kunstturnen (2018) und der Leichtathletik (2019). In Abu Dhabi wurde in diesem Jahr unter anderem Formel-1-Weltmeister Lewis Hamilton gekrönt. Dass in den Golfstaaten die Tradition in diesen Sportarten nicht vorhanden ist oder in den Kinderschuhen steckt — geschenkt.

"Einer der Hauptgründe für diese Expansion ist der Wunsch nach 'soft power', nach mehr Einfluss in Staaten, die entweder Handelspartner oder — und das ist wichtiger — potenzielle militärische Beschützer sind", sagte Christopher Davidson, renommierter Experte für den Nahen Osten an der britischen Durham University, der BBC: "Wenn Sport ein Weg ist, positivere Schlagzeilen zu generieren oder bekannter zu werden — dann kann er den Golfstaaten helfen, offener und freundlicher zu erscheinen."

In Katar steht zudem die Aspire Academy, die als Trainingszentrum weltweit einen exzellenten Ruf genießt. Rekordmeister Bayern München hat sich für die kommende Winterpause wieder eingebucht, auch andere Top-Teams residieren regelmäßig in der Luxusanlage. Katars Machthaber Scheich Tamim bin Hamad Al Thani (34) ist (sport)begeistert, er leitete bereits mit 20 Jahren das Nationale Olympische Komitee.

Geld für immer mehr Prestigeveranstaltungen gibt es in der Wüste wie Sand am Meer. Allein in Dubai kommt auf alle 200.000 Einwohner ein Milliardär, in Katar hat gut ein Viertel der Haushalte mindestens eine Million Euro "Festgeld" auf der Bank. Und der Wahnsinn nimmt kein Ende.

Im Dezember 2015 wird in Abu Dhabi ein Louvre eröffnen. Das Original in Paris mit weltberühmten Gemälden wie der Mona Lisa ist schließlich weit weg. Für die Namensrechte sollen angeblich gut 450 Millionen Euro fällig gewesen sein. Was für Leihgebühren für die Meisterwerke der Künstler nach Frankreich überwiesen wird, ist unbekannt. Kultur und Sport sollen das Aushängeschild in der politisch auch kritisch beäugten Region.

Speziell im Fall der Fußball-WM 2022 ging das nach hinten los. Seit der Vergabe im Dezember 2010 steht das Wüstenemirat massiv in der Kritik. Der Bauboom, der zumindest indirekt auch der WM zugute kommen soll, forderte mehrere Hundert Menschenleben. Immer wieder kritisieren Menschenrechtsorganisationen die unmenschlichen Arbeitsbedingungen für ausländische Gastarbeiter. Das Wort "Sklavenstaat" fiel viel zu oft.

Der Weltverband Fifa hält allerdings dagegen — mit einem Argument, das kaum zu entkräften ist: Ohne die weltweite Aufmerksamkeit hätte sich in Katar nichts verändert, nur dank der WM sei das Emirat zu Veränderungen gezwungen. Fifa-Präsident Sepp Blatter lobte zuletzt in höchsten Tönen. "Es war großartig zu sehen, mit welchem Engagement er und ganz Katar die WM 2022 nutzen wollen, um für positive soziale Veränderungen zu sorgen und das Gastgeberland und die Region zu bewerben", sagte der Schweizer nach einem Treffen mit Emir Scheich Al Thani. Katar nehme "seine Verantwortung als Gastgeber sehr ernst". Genauso wie die Zukunftspläne.

Die Hauptstadt Doha, wo jüngst die Kurzbahn-WM der Schwimmer ausgetragen wurde, wollte sich bereits zweimal um die Olympischen Sommerspiele (2016 und 2020) bewerben. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) wiegelte zwar wohl wegen der Bedenken um die fast unerträgliche Hitze in den traditionellen Monaten ab — aber schon bei der Fußball-WM wird Katar höchstwahrscheinlich beweisen, dass auch eine Verlegung in die kühleren Wintermonate möglich ist. Also Sommer-Olympia im Dezember? Mit Geld ist fast alles möglich...

(sid)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort